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Meine Traumelf

Ehemalige Fußballer blicken auf ihre aktive Karriere zurück und bilden dabei ihre persönliche Traumelf, die sich nur aus alten Weggefährten zusammensetzt. Dabei sprechen sie über außergewöhnliche Mitspieler sowie über bemerkenswerte Erlebnisse auf und neben dem Fußballplatz.

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Werner Vollack

29.05.2021 00:00:00

Werner Vollack war Torwart der legendären Mannschaft von Bayer 05 Uerdingen, die 1985 den DFB-Pokal gewonnen und in der nächsten Saison in Europa für Furore gesorgt hat, das ?Jahrhundertspiel? gegen Dynamo Dresden inklusive. Hier stellt er seine Traumelf aus seinen früheren Mitspielern in Uerdingen und bei den Stuttgarter Kickers vor und erinnert sich dabei an Schlitzohr Friedhelm Funkel, den Mordsschuss von Karl Allgöwer und den schläfrigen aber hellwachen Jürgen Klinsmann.Die Traumelf von Werner VollackTaktische AufstellungWerner Vollack über ?Werner Vollack // TorwartIn meiner Traumelf möchte ich selbst mitspielen. Über meine Stärken und Schwächen im Torwartspiel sollen andere urteilen. Ich selbst habe es aber als meine große Fähigkeit angesehen, dass ich immer für meine Mannschaft da war, wenn es drauf ankam: Sei es in Relegation gegen Schalke, im DFB-Pokal-Finale gegen die Bayern oder in unseren großen UEFA-Cup-Spielen. Die Jungs konnte sich auf mich verlassen. Bei der Nationalmannschaft habe ich auch angeklopft, doch als Uerdinger fehlte mir leider die Lobby, um bei der WM 1986 dabei gewesen zu sein.Werner Buttgereit // Linker Verteidiger // Bayer UerdingenWerner war ein Arbeitstier mit einer Pferdelunge. Nach außen hin unauffällig, doch für unsere Mannschaft enorm wertvoll. Ich kann mich an keinen Spieler erinnern, der die Vorgaben des Trainers so diszipliniert umgesetzt hat wie er. Im Pokalfinale 1985 gegen die Bayern München hat er Lothar Matthäus, der damals voll im Saft stand, über 90 Minuten komplett ausgeschaltet. Das war der Schlüssel zu unserem überraschenden Sieg. Er war nicht nur sportlich ein Gewinn für unsere Mannschaft, sondern mit seiner ruhigen und bescheidenen Art auch als Persönlichkeit.Video: Bayer 05 Uerdingen besiegt den FC Bayern München im DfB-Pokalfinale 1985Wolfgang Funkel // Innenverteidiger // Bayer UerdingenWolfgang ist erst mit Mitte Zwanzig Profi geworden, hat sich aber schnell zu einem der wichtigsten Spieler unserer Mannschaft entwickelt. Vor allem mit seinen drei Toren im ?Jahrhundertspiel?, als wir die 0:2-Auswärtsniederlage und einem 1:3-Halbzeitstand im Rückspiel in der Grotenburg gegen Dynamo Dresden noch mit einem 7:3 umgebogen haben, hat er sich einen Platz in der Geschichte des Vereins auf ewig gesichert.So einen freundlichen und lustigen Menschen wie Wolfgang trifft man nur selten. Während unserer Zeit in Uerdingen sind wir richtig gute Freunde geworden und haben viel zusammen unternommen. Davon könnte ich tagelang Geschichten erzählen. Zum Glück war das Fußballbusiness damals noch nicht so gläsern wie heute, so dass wir außerhalb des Platzes viel freier waren.Norbert Brinkmann // Innenverteidiger // Bayer UerdingenNorbert war ein Innenverteidiger alter Schule. Ihn im Team zu haben war einfach geil! Fußballerisch war er gar nicht so schlecht, wie man bei seinem Beinamen ?Eisenfuß? annehmen sollte, doch seine Stärke lag in der Defensive und im Spiel Mann gegen Mann. Er hatte den Biss und ist kompromisslos zur Sache gegangen. Damit hat er sich in der Bundesliga großen Respekt verschafft. Selbst ein Stürmer wie Klaus Fischer, der mit allen Wassern gewaschen war, hat nur ungern gegen ihn gespielt.Karl-Heinz Wöhrlin // Rechter Verteidiger // Bayer UerdingenKarl-Heinz kam 1984 vom SC Freiburg nach Uerdingen und hat in den nächsten Jahren die große Phase des Vereins mitgeprägt. Er war ein Musterschwabe, bodenständig und bescheiden. Für einen Abwehrspieler verfügte er über eine außergewöhnlich gute Technik, so dass er viele brenzlige Situationen oft spielerisch lösen konnte. Mit seiner Schnelligkeit hat er sich immer wieder gefährlich mit in das Offensivspiel eingeschaltet.Robert Prytz // Defensives Mittelfeld // Bayer UerdingenRobert kam als ?Schwedens Fußballer des Jahres? von Young Boys Bern zu uns. Er war ohne Allüren und passte mit seiner lockeren Art super in unsere Mannschaft. Sein Spitzname: Kugelblitz, weil er klein und untersetzt war, aber verdammt flink. Sportlich war er eine Granate vor dem Herrn, er konnte einfach alles! Für mich war er einer der besten defensiven Mittelfeldspieler Europas. Leider hat Atalanta Bergamo das auch so gesehen und ihn nach nur einer Saison bei uns nach Italien geholt.Franz Raschid // Linkes Mittelfeld // Bayern UerdingenFranz ist für mich eine absolute Bayer-05-Legende. Von 1974 bis 1988 hat er über 400 Spiele für Uerdingen gemacht und war viele Jahre Kapitän der Mannschaft. Ich bin mir sicher: Ohne ihn hätte der Verein seine große Erfolge in den 1980er Jahren nicht errungen.Auf dem Platz war Franz eine Maschine, die erst zu laufen und zu kämpfen aufgehört hat, wenn der Schiedsrichter abgepfiffen hat. Mit dieser Mentalität hat er uns Mitspieler immer wieder gepuscht. Herausragend war auch seine linke Klebe. Sein Schuss war so hart, dass ich mir bei einem Abwehrversuch mal die Hand verstaucht habe. Seitdem habe ich im Training lieber versucht, seine Torschüsse nur mit den Füßen abzuwehren.Leider ist Franz viel zu früh verstorben. Ich werde ihn immer als Freund und großartigen Menschen in Erinnerung behalten.Friedhelm Funkel // Rechtes Mittelfeld // Bayer UerdingenFriedhelm ist eine große Persönlichkeit, die in meiner Traumelf nicht fehlen darf! Auf und neben dem Platz war er ein Fuchs, einfach cleverer als die meisten anderen. Schon beim 1. FC Kaiserslautern hat er Tore wie am Fließband geschossen und bei uns dann genauso weitergemacht. Niemand hat in Uerdingen und in der Bundesliga mehr Spiele und Tore gemacht als er.Matthias Herget // Offensives Mittelfeld // Bayer UerdingenMatthias war der großartigste Spieler, mit dem ich zusammen auf dem Platz gestanden habe. Er war ein ungemein intelligenter Spieler und meines Erachtens als Libero der würdige Nachfolger von Franz Beckenbauer. Daher war es für mich nicht ganz nachvollziehbar, warum er bei der WM 1986 in Argentinien nicht so richtig zum Zug gekommen ist. In der Traumelf stelle ich Mattes auf die 10er-Position, weil er bei uns im Prinzip ohnehin meist vor der Abwehr agiert und das Spiel von dort angetrieben hat. Da er so weit vorne spielte, war ich oft Torwart und letzter Mann in Personalunion. Dieses System stammte von unserem Aufstiegstrainer Timo Konietzka, sein Nachfolger Karl-Heinz Feldkamp hat das erfolgreich übernommen.Herausragend waren Mattes Spieleröffnung, sein Passspiel und seine Freistöße. Darüber hinaus war er der perfekte Kapitän. Niemand hätte das Amt in Uerdingen besser bekleiden können als er. Wenn etwas in der Mannschaft in die falsche Richtung lief, hat er das intern klar angesprochen. Dabei hatte er auch den Mut, seine Meinung gegenüber Feldkamp zu vertreten, der sich nicht unbedingt durch Basisdemokratie ausgezeichnet hat. Auch in meiner Traumelf sollte Mattes die Binde tragen.Jürgen Klinsmann // Stürmer // Stuttgarter KickersJürgen kam 1981 als 18jähriger von der A-Jugend der Stuttgarter Kickers zu uns in den Profikader. Er war ruhig und schüchtern, aber total professionell und hatte in jedem Training und bei jedem Spiel eine Top-Einstellung. Bei den Auswärtsfahrten hat er meistens hinten im Bus hinten gesessen und viel geschlafen, aber auf dem Platz war er ganz aufgeweckt und hat für Furore gesorgt. Er war ungemein mannschaftsdienlich und hat von der ersten bis zur letzten Minute gerackert. Er war sich für keinen Weg zu schade und ist auch dahin gegangen, wo es weh tut.Jürgen war zwar nie der größte Fußballer, doch es war schnell klar, dass er mit seinem Ehrgeiz noch viel erreichen kann. Nach seinem Wechsel zum VfB ist er dann richtig explodiert.Karl Allgöwer // Stürmer // Stuttgarter KickersDer letzte freie Platz in meiner Traumelf geht an Karl, der fußballerisch eine Granate war. Vor allem war er verdammt schnell und mit einem Mordsschuss gesegnet. Daher hat ihm die Presse den Namen ?Knallgöwer? verpasst. Im echten Leben war er ein umgänglicher Kerl, doch vor dem Tor ziemlich egoistisch. Aber ein Stürmer darf das sein, wenn er dadurch letztlich so viele Tore macht wie er damals, erst bei den Kickers und dann beim VfB.Ich habe noch mit so vielen weiteren großartigen Spielern wie zum Beispiel Guido Buchwald oder Stefan Kuntz zusammengespielt. Nicht nur diesen beiden Wegbegleiter von mir hätten noch einen Platz in meinem Dreamteam verdient, aber ich kann nunmal nur elf aufstellen.Karriere-Insights von Werner VollackMeine große Zeit mit Bayer 05In Uerdingen waren wir eine absolut intakte Mannschaft voller junger, hungriger und leistungsorientierter Spieler - einfach eine geile Truppe ohne Selbstdarsteller. Was diese Mannschaft geleistet hat, war außergewöhnlich. Diese Zeit werde ich nie vergessen. Bayer Uerdingen war damals nur ein kleiner Verein, doch wir haben 1985 den DFB-Pokal gewonnen und sind 1986 in der Bundesliga Dritter geworden, nur 4 Punkte hinter dem Meister Bayern München! Außerdem haben wir in der Saison Europa aufgemischt und sind erst im Halbfinale des Europapokals der Pokalsieger knapp an Atletico Madrid gescheitert. Im Hinspiel hatte ich einen guten Tag, so dass die spanischen Medien mich am danach ?El Milagro?, das Wunder, genannt haben.Video: Bayer-Towart Werner Vollack bringt Atletico Madrid mit seinen Paraden fast zur VerzweiflungMeine besten TrainerDen Grundstein für unsere Erfolge von Bayer Uerdingen Mitte der 1980er Jahre hat unser Trainer Timo Konietzka gelegt, mit dem wir 1983 in die 1. Bundesliga aufgestiegen sind. Konietzkas Teamführung war vorbildlich. Er war sehr diszipliniert, war nie nachtragend, hat alle Spieler gleich behandelt und sich weder im Erfolg noch in der Niederlage verändert. Sein Training war für die damalige Zeit recht modern und er hat es geschafft, uns auf den Punkt fit zu machen. Alles in allem war er der beste Trainer, mit dem ich in meiner Karriere zusammengearbeitet habe.Er war taktisch und personell der Erbauer dieser erfolgreichen Bayer-Mannschaft. Nach unserem Aufstieg in die 1. Bundesliga, als wir uns in der Relegation gegen Schalke durchgesetzt haben, hat Konietzka ein neues System eingeführt und dieses bis zum Exzess mit uns trainiert. Damit haben wir in der Saisonvorbereitung wirklich jedes Spiel verloren, selbst gegen Mannschaften aus der Landesliga. Doch Konietzka hat nicht an seiner Spielidee gezweifelt und diese knallhart durchgezogen. Mit Erfolg! Pünktlich zum Saisonstart gegen den 1. FC Nürnberg waren wir topfit und alle Räder griffen ineinander. Wir gewannen das Spiel 4:2 und waren nach sieben Spieltagen Erster - und das als Aufsteiger! Wir haben die Saison auf einem ordentlichen 10. Platz beendet und Konietzka ist danach zu Borussia Dortmund gewechselt.Sein Nachfolger wurde Karl-Heinz-Feldkamp. Er wollte uns eigentlich defensiver spielen lassen, aber das Konietzka-System war so tief in uns drin, dass wir im Prinzip einfach so weitergespielt haben wie bisher, zumal wir damit sehr erfolgreich waren. Doch natürlich hatte auch Feldkamp großen Anteil an unseren Erfolgen. Seine Stärke lag vor allem in der Motivation. Er konnte uns richtig heiß machen. Außerdem hatte ?Kalli? ein Hufeisen in der Tasche. Er hatte einfach ein Händchen dafür, in den entscheidenden Momenten das Richtige zu tun, sei es durch Spielerwechsel, Umstellungen oder einfach die passenden Worte parat zu haben.Meine VereinswechselIch habe in meiner Laufbahn ein paar Vereinswechsel erlebt, als Wandervogel habe ich mich aber nicht gesehen. 1974 kam ich im Alter von 18 Jahren von Eintracht Duisburg zu Bayer Uerdingen und war dort die Nr. 2. Gegen Ende der zweiten Saison durfte ich ein paar Spiele im Tor bestreiten. Da habe ich Blut geleckt und wollte nicht mehr zurück auf die Bank, so dass ich zu Eintracht Trier in die 2. Liga gewechselt bin, wo ich Stammtorwart wurde. Drei Jahre später bin ich zu den Stuttgarter Kickers gegangen, wo ich zwei Saisons mit Buchwald, Klinsmann und Allgöwer zusammengespielt habe.Die drei sind schließlich zum VfB Stuttgart gewechselt und auch ich hatte 1982 ein Angebot von denen vorliegen, habe mich jedoch für Bayer 05 entschieden. Nachdem Uerdingen mal wieder aus der 1. Liga abgestiegen war, wollten Sie mich unbedingt haben, damit es mit dem geplanten Wiederaufstieg auch tatsächlich klappt. (lacht)Als es für mich Ende 1987 in Uerdingen unter dem neuen Trainer Horst Köppel nicht mehr so gepasst hat, bin ich zur Rückrunde zum FC Homburg gewechselt. Die waren da aber schon so tief im Tabellenkeller, dass selbst ich die nicht mehr retten konnte. (lacht)Anschließend haben Günter Siebert und Günter Eichberg mich zu Schalke 04 geholt. Schalke ging es damals ziemlich dreckig. Sie waren mit Homburg ebenfalls in die 2. Liga abgestiegen, waren finanziell klamm und brauchten nach dem Abgang von Toni Schumacher einen neuen Keeper. In meiner zweiten Saison auf Schalke habe ich mir eine Knieverletzung zugezogen, die so schwerwiegend war, dass ich meine Karriere nach der Spielzeit beenden musste.Mein Lieblingsverein Schalke 04Auch wenn ich die längste Zeit meiner Karriere in Uerdingen gespielt und dort meine größten Erfolge gefeiert habe, ist Schalke mein Lieblingsverein. Obwohl es für die Königsblauen nach dem Abstieg eine sehr schwere Zeit war und wir selbst in der 2. Bundesliga sportlich nur mittelmäßig waren, kamen bei den Heimspielen 60.000 oder 70.000 enthusiastische Zuschauer ins Parkstadion. Das werde ich nie vergessen. Seitdem schlägt mein Herz für Schalke. Was mich sehr freut: Obwohl ich letztlich nur zwei Jahre dort gespielt habe und keine großen Erfolge vorzuweisen habe, werde ich trotzdem zu den Ehemaligentreffen der Schalker eingeladen. Das rechne ich dem Verein hoch an.Der Werdegang von Werner Vollack JahreVereinSpiele (Tore) 1974-1976Bayer 05 Uerdingen6 (0) 1976-1979Eintracht Trier96 (0) 1980-1982Stuttgarter Kickers88 (0) 1982-1987Bayer 05 Uerdingen169 (0) 1987-1988FC 08 Homburg16 (0) 1988-1990FC Schalke 0436 (0)

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Michél Dinzey

20.11.2020 00:00:00

Vom aufstrebenden Talent zum arbeitslosen Ex-Star bis zum Mitglied der St.-Pauli-Jahrhundertmannschaft ? Michél Dinzey hat viele Höhen und Tiefen erlebt. Hier blickt er auf seine wechselhafte Karriere zurück und stellt dabei seine Traumelf aus seinen früheren Mitspielern auf. Dabei erinnert er sich an Jahrhunderttalent Jan Simak, Wortgefechte mit Axel Kruse, den begnadeten Thomas Hässler und Unfallhelfer Giovane Elber. Außerdem spricht er über seinen besten Trainer, einen fatalen Vereinswechsel und das emotionalste Spiel seiner Karriere.Die Traumelf von Michél DinzeyTaktische AufstellungMichél Dinzey über?Gabor Kiraly // Torwart // Hertha BSCGabor war ein positiv Verrückter, der bereits damals immer seine berühmte graue schlabberige Trainingshose anhatte. Schon in jungen Jahren hatte er eine große Präsenz auf dem Platz und verlieh unserer Mannschaft dadurch Sicherheit.In jedem Training stand er unter Strom und ging ans Limit. Wir haben uns oft gegenseitig aufgezogen. Irgendwann wusste ich genau, wie ich ihn anstacheln konnte. Manchmal hat er dann seine Handschuhe vor Wut weggeworfen und die Bälle mit blanken Händen gehalten. Das war genauso beeindruckend wie seine Abwürfe bis über die Mittellinie und seine Reaktionsschnelligkeit auf der Linie.Ersatztorwart: Michael Hofmann, TSV 1860 MünchenMit »Michi« wurde es nie langweilig. Er konnte sabbeln ohne Ende und hatte immer neue Storys auf Lager. Außerdem war er ein wandelndes Fußballlexikon, das dir aus dem Stegreif die Aufstellung der deutschen Nationalelf bei der WM 1994 gegen Bolivien nennen konnte. In Trainingslagern haben wir uns die Nächte mit PGA-Golf auf der Playstation um die Ohren gehauen. Das war zwar nicht sonderlich professionell, aber hat unglaublich viel Spaß gemacht. Mit seiner ganzen Art war er für mich zu meiner Zeit bei den Löwen, als es mir sportlich und privat nicht sonderlich gut ging, eine große Stütze.Gerald Vanenburg // Libero // TSV 1860 MünchenWas Gerald technisch drauf hatte, war der absolute Wahnsinn. Im Vergleich zu ihm sind die meisten anderen Stümper am Ball. Er hatte einen entscheidenden Anteil daran, dass wir in der Saison 1999/2000 mit ihm als Libero und Kapitän fast sensationell Vierter geworden sind. Für mich war er ein ganz Großer, aber er hat nie den Star raushängen lassen. Er war total bodenständig, kommunikativ und lustig. Mir hat imponiert, wie ernst er seinen Job nahm. Daran habe ich mir eine Scheibe abgeschnitten ? zwar noch nicht damals, aber ab dem Herbst meiner aktiven Karriere.Ersatzmann: Paul Caligiuri, FC St. PauliMit Paul habe ich während meiner ersten Zeit bei St. Pauli regelmäßig Hamburg erkundet. Von seiner Erfahrung als US-Nationalspieler und Teilnehmer der WM 1994 habe nicht nur ich profitiert. Er hatte ein außergewöhnlich gutes Auge und Gespür für Situationen, war total hilfsbereit und hat seine Erfahrung an die jungen Spieler weitergegeben. Spielerisch gab es Bessere, aber es tat gut zu wissen, einen in der Abwehr zu haben, der rigoros dazwischenhaut.Eyjolfur Sverrisson // Innenverteidiger // Hertha BSCWeil niemand seinen Vornamen aussprechen konnte, haben wir ihn nur »Jolly« genannt. Auf dem Platz war er eine verdammt harte Nuss, die seine Gegenspieler zerstören konnte. In der Mannschaft war er sehr beliebt, weil er ein herzensguter Pfundskerl war, an den man sich bei Fragen oder Problemen jederzeit wenden konnte. Außerdem war Jolly ein Schönling und unser Partykönig.Ersatzmann: Kosta Rodrigues, Eintracht BraunschweigIn Braunschweig hat Kosta mir auf der linken Seite den Rücken freigehalten. Ein sehr guter Typ, mit dem ich mich auf und neben dem Platz super verstanden habe. Im Spiel war er ein Hitzkopf und in der Kabine ein Entertainer. Mit seiner Frankfurter Getto-Schnauze hat er die ganze Mannschaft unterhalten. Manchmal kann ich es kaum glauben, dass er heute in Braunschweig einen auf Jugendtrainer macht. Ich hoffe seinen Jungs nehmen ihn ernst. (lacht)Thomas Berthold // Innenverteidiger // VfB StuttgartIch habe es Thomas nie gesagt, aber von meinem ersten Tag an in Stuttgart habe ich zu ihm aufgeschaut. Ich war ein zwanzigjähriger Vertragsamateur und er stand schon in zwei WM-Finals, hatte bei Bayern und in Italien gespielt.Es war der Hammer, welche Präsenz er hatte. Sein Stellungsspiel, seine Anweisungen, seine Pässe und sein Zweikampfverhalten haben mich tief beeindruckt. Er war nicht besonders schnell, aber mit seiner Übersicht hat er Situationen entschärft, bevor sie gefährlich wurden. Es war allerdings besser, ihm aus dem Weg zu gehen, wenn er sauer war. Dann ist er so hart eingestiegen, dass da kein Gras mehr gewachsen ist.Ersatzmann: Modou Kah, Vålerenga OsloMit 19 Jahren war Mo schon ein fertiger Spieler und auf dem Sprung in Norwegens Nationalmannschaft. Herausragend war seine Ballbehandlung, die für einen Innenverteidiger alles andere als normal war. Obwohl ich damals fast zehn Jahre älter war als er, hatten wir sofort einen guten Draht zueinander. Er hat mir Oslo gezeigt und er war immer ganz Ohr, wenn ich ihm von meiner Karriere erzählt habe. Wir haben nur ein halbes Jahr zusammengespielt, aber ich denke immer wieder gerne an ihn zurück.Brian Roy // Rechtes Mittelfeld // Hertha BSCLeider ist Brian trotz seiner brillanten Technik bei uns sportlich nicht so eingeschlagen wie erhofft, aber für unsere Mannschaft war er alleine aufgrund seiner positiven und lustigen Art ein Gewinn. Und modisch hat ihm niemand etwas vorgemacht. Selbst zum Rittermahl bei unserer Weihnachtsfeier kam er mit einem stylischen, weißen Hemd. Das hätte er besser sein lassen. Schon bald ist der Abend ausgeartet und alle fingen an, Wein über Brians Hemd zu schütten und die Fettfinger daran zu säubern. Bei so einem Mahl geht es darum, mal die Tischmanieren Zuhause zu lassen, aber wir haben es deutlich übertrieben, sodass wir irgendwann rausgeschmissen wurden.Ersatzmann: Andreas ?Zecke? Neuendorf, Hertha BSCAuf dem Rasen war »Zecke« genauso unberechenbar wie im Leben, ein Straßenfußballer und enfant terrible. Er war und ist ein liebenswerter Chaot, der sein Herz auf der Zunge trägt. Wir sind damals enge Freunde geworden. Falls ich mal ein Buch schreiben sollte, könnte ich alleine mit meinen Erlebnissen mit ihm ein Kapitel füllen. Doch weil das nicht unbedingt jugendfrei wäre, lasse ich das besser! Sicher hat Zecke nicht das Optimum aus seinem großen Potenzial gemacht, aber dafür sicher mehr Spaß gehabt als die meisten anderen Profis!Carlos Dunga // Defensives Mittelfeld // VfB StuttgartAls ich in Stuttgart zu den Profis kam, hatte Carlos Dunga kurz vorher als Kapitän der brasilianischen Mannschaft die WM gewonnen. Er war ein Top-Star und eine unfassbare Führungspersönlichkeit, der Kommandos gegeben und Struktur ins Spiel bringen konnte. Er war wie Berthold nicht der Schnellste, aber fußballerisch top und konnte aus dem Stand millimetergenaue Pässe schlagen.Ersatzmann: Pal Dardai, Hertha BSCAls Rekordspieler der Hertha besitzt Pal in Berlin Legenden-Status. Auf dem Platz war er Mr. Zuverlässig. Unsere gemeinsame Zeit bei der Hertha liegt lange zurück, aber er hat ein sehr gutes Gedächtnis und packt bei unseren Wiedersehen immer wieder Geschichten von früher aus.Pal konnte damals nicht verstehen, dass ich von Hertha zu 1860 München gegangen bin und sagt mir heute noch, dass das der größte Fehler meiner Karriere war. Und damit hat er sicher nicht ganz unrecht. Wir waren damals ein eingeschworener Haufen und fast du ganze Mannschaft war ein großer Freundeskreis. Das war die schönste Zeit meiner Karriere.Michél Dinzey // Linkes MittelfeldIn meiner Karriere war sicher mehr drin als rund 160 Spiele in der 1. und 2. Bundesliga. Die Trainer hatten es nicht einfach mit mir, weil ich faul und launisch war und mich viel zu leicht von den wesentlichen Dingen habe ablenken lassen. Viele Trainer sind an mir verzweifelt, weil selbst die disziplinarischen Maßnahmen auf Dauer nichts gebracht haben. Ich dachte lange Zeit, dass ich mich auf meinem Talent, meiner Technik und meiner Laufstärke ausruhen kann, bin damit aber bei 1860 München unter Werner Lorant an meine Grenzen gestoßen. Erst als ich eine Weile ohne Verein dastand, habe ich angefangen, den Fußball als professionellen Beruf zu verstehen und dementsprechend zu leben und zu handeln.Ersatzmann: Fabian Boll, FC St. PauliBei meiner Rückkehr nach St. Pauli wollte ich meine alte Rückennummer 17 wiederhaben. Mir wurde aber schnell klar, dass ich es nicht bringen kann, Fabian als lebende St.-Pauli-Institution die Nummer 17 streitig zu machen und habe daraufhin die 6 genommen. Zwischen uns beiden war sofort eine Chemie da, sodass wir zu Freunden wurden.Der »Bulle« hat nicht nur bei den Fans Kultstatus gehabt, sondern war auch in der Mannschaft hoch angesehen. Er hat sich für den Zusammenhalt der Mannschaft starkgemacht, war sich auf dem Platz nie für die Drecksarbeit zu schade und hatte reichlich gute Sprüche auf Lager. Ich kann mich nicht daran erinnern, dass er mal schlechte Laune hatte ? außer natürlich, wenn wir verloren haben. Lediglich über seinen Musikgeschmack ? ich sage nur: Andrea Berg ? lässt sich streiten.Thomas Hässler // Zentrales Mittelfeld // TSV 1860 MünchenFußballerisch konnte kaum jemand »Icke« das Wasser reichen. Ihn Fußball spielen zu sehen, war eine Augenweide. Im Training war es bei Eins-gegen-Eins-Situationen fast unmöglich, ihn vom Ball zu trennen. Da hat der liebe Gott ihm eine besondere Gabe mitgegeben. Es war ein großes Vergnügen, nach dem eigentlichen Training mit ihm noch Flanken- und Torschusstraining zu machen.In der Mannschaft kam Icke sehr gut an. Er war ein Führungsspieler, ohne ein Lautsprecher zu sein oder regelmäßig die Öffentlichkeit zu suchen.Ersatzmann: Kjetil Rekdal, Hertha BSCKjetil war langsamer als eine Schnecke, aber hatte eine blitzsaubere Technik und konnte gute Standards treten. Außerdem war er ein echter Mann auf dem Platz! Aus seiner Heimat Norwegen hat er sich immer Unmengen an Snus-Tabak mitgebracht. Ich kenne niemanden, der sich gleichzeitig so viele Snus-Beutelchen auf einmal in den Mund geschoben hat.Später haben sich unsere Wege wieder gekreuzt, als Kjetil mich für ein halbes Jahr zu Vålerenga Oslo geholt hat, wo er mittlerweile Trainer war und wir dort zusammen in die 1. Liga aufgestiegen sind.Jan Simak // Sturm // Hannover 96Jan war ein Jahrhunderttalent, Typ Straßenfußballer. Es war unfassbar, was der Junge draufhatte! Mit seinen Fähigkeiten hätte er eigentlich bei einem absoluten Spitzenclub landen müssen.Es ist bekanntlich anders gekommen, weil er sein Leben nicht in den Griff bekommen hat. Seine Spiel- und Alkoholsucht hat leider vieles kaputt gemacht. Manchmal tauchte er einfach nicht zum Training auf, obwohl ihm der Verein eine Art Aufpasser zur Seite gestellt hat. Außerdem hatte Jan ein merkwürdiges Verhältnis zu Geld. Er kam im Jogger auf Partys und hatte unfassbar viel Bargeld in seiner Trainingsjacke. So locker wie er damit umgegangen ist, konnte man sehen, dass es ihm eigentlich gar nicht wichtig war. Aber wer so unvorsichtig damit umgeht, lockt auch schnell die falschen Leute an. Menschlich war Jan super. Umso tragischer, dass er die Kurve nicht bekommen hat.Ersatzmann: Axel Kruse, VfB StuttgartAxel ist ein witziger und cooler Typ, doch bei einem meiner ersten Trainingsspiele beim VfB sind wir gleich übel aneinander geraten. Ich spielte mit ihm im Team, als er im Angriff den Ball verloren und nicht nachgesetzt hat, sodass ich ihm zugerufen habe, dass er gefälligst mit zurücklaufen soll. Auf einmal dreht sich Axel zu mir um und brüllt über den ganzen Platz: »Halt die Fresse! Was glaubst du eigentlich, wer du bist?« Thomas Berthold hat dann wiederum Axel angeschrieben: »Lass den Jungen in Ruhe! Außerdem hat er ja Recht!« (lacht).Wir haben uns aber schnell wieder vertragen und sind später zusammen für vier Tage nach Las Vegas zum legendären Box-Kampf von Mike Tyson und gegen Evander Holyfield geflogen. Wir waren in der Halle, als Tyson Holyfield ein Stück vom Ohr abgebissen hat!Video: Mike Tyson beißt Evander Holyfield ins OhrFredi Bobic // Sturm // VfB StuttgartFredi kam von den Stuttgarter Kickers und ist gleich voll eingeschlagen. Er war zwar keiner, der erst drei Leute ausgedribbelt und dann den Torwart überlupft hat, aber wie er die Bälle reingemacht hat, war technisch auf dem allerhöchsten Niveau. Ob in Stuttgart, in Hannover, bei der Hertha oder bei den Bolton Wanderers ? mit seiner Kaltschnäuzigkeit hat er überall seine Buden gemacht. Und trotz seiner Erfolge ist er nie abgehoben.Ersatzmann: Daniel Teixeira, Eintracht Braunschweig»Texas« konnte keinem weglaufen, aber er wusste, wo das Tor steht. Er war ein Knipser der alten Schule. In Braunschweig hatten wir damals eine positive Chaoten-Truppe, in der sein brasilianischer Landsmann Alex da Silva und er die beiden größten Spaßvögel waren.Giovane Elber // Sturm // VfB StuttgartAls ich 1994 nach Stuttgart ging, kam auch Giovane zum VfB. Er war eine Granate und wurde sofort unumstrittener Stammspieler. Während der WM 1994 waren wir im Sommertrainingslager und sein Zimmer lag neben meinen. Als Brasilien Weltmeister wurde, hat man seine Jubelschreie durchs ganze Hotel gehört.Einmal musste ich ihn nachts aus dem Bett klingeln, als ich im Winter auf dem Weg zu meinem Zivildienst in aller Herrgottsfrühe mit meinem Auto auf einer glatten, abschüssigen Straße unweit von seinem Haus in den Graben gefahren bin. Zusammen mit einem Landwirt in dem Dorf hat er mir dann geholfen, meinen Wagen aus dem Graben zu ziehen. Seitdem muss ich mir von Giovane anhören, dass ich kein Auto fahren kann. (lacht)Ersatzmann: Fritz Walter, VfB StuttgartWährend der Stern von Fredi Bobic und Giovane Elber beim VfB aufging, neigte sich die Zeit von Fritz Walter allmählich dem Ende entgegen. Er ist bis heute ein VfB-Idol und war ein wichtiger Grund, warum ich mich auf Anhieb in Stuttgart wohlgefühlt habe. Auch wenn er verletzt ausfiel, war er nah dran an der Mannschaft und hat sich um andere gekümmert.Karriere-Insights von Michél DinzeyMein bester TrainerViele Trainer hatten so ihre Schwierigkeiten mit mir, aber mit Jürgen Röber bin ich super ausgekommen, auch wenn wir uns manchmal richtig gefetzt haben. Wir haben eine besondere Verbindung, weil er mich in Stuttgart zum Profi gemacht und mich später nach Berlin geholt hat.Er war eine Art Ziehvater für mich und hat mir regelmäßig in den Hintern treten müssen. Er wusste besser als alle anderen Trainer, mit mir umzugehen. Zur Strafe hat er mich zum Beispiel mal in einem im Zweitligaspiel gegen Fortuna Köln als Innenverteidiger aufgestellt, damit ich mal über meine Körpersprache nachdenke. Der Lerneffekt war in dem Fall aber nur bedingt da, weil das eins meiner besten Spiele für die Hertha war. (lacht)Mein Weg zum ProfiAls Spieler vom Berliner VfB Lichterfelde bekam ich ein Probetraining beim VfB Stuttgart vermittelt. VfB-Coach Röber hat meine Art Fußball zu spielen gefallen und mich zum Vertragsamateur gemacht. Als 20-Jähriger auf einmal mit Leuten wie Thomas Berthold, Fritz Walter, Wiggerl Kögl, Eike Immel und Carlos Dunga auf dem Platz zu stehen, fühlte sich gut aber auch etwas merkwürdig an. Kurios war dabei auch, dass ich zwar die Namen der meisten Spieler kannte, aber nicht wusste, wie sie aussehen, weil ich die Bundesliga als Kind und Jugendlicher vor allem am Radio und nur selten im Fernsehen verfolgt habe.Mein erstes Spiel für den VfB war gleich im Deutschen Supercup gegen die Bayern und ich hatte einen Spezialauftrag: Superstar Lothar Matthäus ausschalten! Wir haben zwar 1:2 verloren und ich musste verletzt ausgewechselt werden, aber nach dem Spiel waren alle zufrieden mit mir. So wurde ich schnell Teil des Teams.Mein fataler Wechsel zum TSV 1860 MünchenFür mich ging es die ersten Jahre im Profifußball immer nur aufwärts. Ich wurde Profi beim VfB und war sowohl auf St. Pauli unter Uli Maslo als auch bei Hertha unter Röber Stammspieler. Damals kam sogar der damalige DFB-Präsident Gerhard Mayer-Vorfelder auf mich zu und riet mir, mich nicht vorschnell für eine Länderspielkarriere für den Kongo zu entscheiden, weil er mir auf Dauer den Sprung in die Deutsche Nationalmannschaft zutrauen würde.Nachdem es bei Hertha so gut lief und ich in der Zwischenzeit bereits ein Angebot von Benfica Lissabon ausgeschlagen hatte, wollte ich den nächsten Schritt machen und bin zum TSV 1860 München gewechselt, der damals ein etablierter Bundesligist war. Der Transfer hat sich für mich jedoch als kapitaler Fehler herausgestellt. Der Verein hat zwar eine hohe Ablösesumme für mich auf den Tisch gelegt, aber Trainer Werner Lorant konnte mit meiner Spielweise nicht viel anfangen. Die Situation war etwas kurios: Ich habe so gut und so viel trainiert wie nie zuvor, spielte sportlich aber nur eine Nebenrolle.Das hat mich auf den harten Boden der Realität zurückgeholt. Weil ich damals zudem noch familiäre Probleme hatte, wurde der Alkohol langsam aber sich zu meinem besten Freund. Es hat einige Jahre gedauert, bis ich mich aus meinem Karrieretief herausgearbeitet habe.Mein Comeback als FußballerNach einer unglücklichen Saison bei Hannover 96 und meinem kurzen Abstecher nach Norwegen stand ich ohne Verein da. Ich werde Eintracht Braunschweig immer dankbar sein, dass sie mir eine neue Chance im deutschen Fußball gegeben haben! Leider sind wir dort in meinem ersten Jahr aus der 2. Liga abgestiegen, aber weil ich dem Verein etwas zurückgeben wollte, bin ich auch in der 3. Liga geblieben.Als ich dann ein Angebt von St. Pauli bekam, konnte ich das aber nicht ablehnen. Dort hatte ich meinen zweiten Frühling. Ich wurde ein wichtiger Teil einer außergewöhnlichen Mannschaft. Wir sind in die 2. Liga aufgestiegen und im DFB-Pokal bis ins Halbfinale gekommen, wodurch der Verein seinen bedrohlichen Schuldenberg auf einen Schlag tilgen konnte. Unser dramatischer 4:3-Sieg im Pokalspiel gegen meinen Ex-Verein Hertha war das emotionalste Spiel meiner Karriere!Video: Michel Dinzey erzielt 2005 im DFB-Pokal-Achtelfinale gegen Hertha BSC das Anschlusstor zum 1:2Rassismus im Fußball und in der GesellschaftDas Thema Rassismus begleitet mich schon mein Leben lang. Ich bin in Berlin im Block mit Kindern mit den verschiedensten Nationalitäten aufgewachsen. Da gab es regelmäßig Spannungen. Im Fußball gab es Rassismus auch schon immer, in der breiten Öffentlichkeit fand es aber erst spät Beachtung. Ich freue mich, was für eine bunte Nationalmannschaft wir heute haben. Das wäre früher undenkbar gewesen.Ich habe Erdbeben in Haiti, Überschwemmungen in Pakistan und Kriege in Kongo erlebt. Den Menschen in Europa ist oft gar nicht bewusst, wie gut es ihnen geht. Dass viele von ihnen auf die Schwächsten der Gesellschaft losgehen, weil sie eine andere Hautfarbe haben, ist für mich unbegreiflich.Mein Engagement für den Bananenflankenliga e. V.Ich bin mir bewusst, dass Fußball-Profis ein sehr privilegiertes Leben haben und viele andere Menschen weniger Glück im Leben hatten und auf Hilfe angewiesen sind. Ich habe mich daher aus Überzeugung schon oft für Benachteiligte engagiert, unter anderem als Sportlehrer in einem Hamburger Jugendknast. Mein Herzensprojekt ist aber der Bananenflankenliga e. V., der sich für Menschen mit geistigen Beeinträchtigungen einsetzt, die dank der Initiative in einer eigenen Liga Fußball spielen. Um das Projekt zu finanzieren, tragen Teams um Ex-Profis wie Tobias Schweinsteiger, Torben Hoffmann, Benny Lauth und ich regelmäßig Spiele gegen unterklassige Vereine aus und sammeln auf diese Weile Spenden dafür ein. Jeder Euro hilft und kommt bei den Bedürftigen an!Meine Karriere nach der KarriereSeit meinem Karriereende 2008 habe ich unter anderem als TV-Experte bei Fußballübertragungen, Berater, Scout und Trainer gearbeitet. Zuletzt war ich als Nationaltrainer von Antigua und Barbuda tätig. Mich reizen die Abenteuer und neue Erfahrungen.Werdegang von Michél Mazingu-Dinzey JahreVereinSpiele (Tore) 1994 ? 1995VfB Stuttgart14 (0) 1995 ? 1996FC St. Pauli30 (0) 1996 ? 1998Hertha BSC60 (6) 1998 ? 2000TSV 1860 München15 (1) 2000 ? 2001Hannover 9613 (2) 2001 ? 2002Válerenga Oslo10 (1) 2002 ? 2004Eintracht Braunschweig66 (14) 2004 ? 2007FS St. Pauli88 (24) 2007 ? 2008Holstein Kiel10 (1)

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Andreas Buck

20.08.2020 00:00:00

Andreas Buck ist nur einer von sieben Spielern, denen das Kunststück gelang, mit zwei Vereinen Deutscher Meister zu werden, ohne dass er bei Bayern oder Dortmund gespielt hat. Hier stellt er seine Traumelf aus seinen früheren Mitspielern beim VfB Stuttgart und dem 1. FC Kaiserslautern vor. Dabei erinnert er sich an die Coolness von Eike Immel, das Anti-Feierbiest Matthias Sammer und Mädchenschwarm Michael Ballack. Außerdem verrät er, welche besonderen Fähigkeiten seine Ex-Trainer Christoph Daum, Otto Rehhagel und Jürgen Klopp hatten. Die Traumelf von Andreas BuckTaktische AufstellungAndreas Buck über?Eike Immel // Torwart // VfB StuttgartEike konnte nichts aus der Ruhe bringen, selbst wenn er im Auswärtsspiel 60.000 Zuschauer gegen sich hatte oder er in einem entscheidenden Spiel in der 90. Minute gefordert war. Er blieb cool und strahlte damit Sicherheit aus. Fußballerisch war er eine Katastrophe. Mit seinen nicht vorhandenen technischen Fähigkeiten wäre es im modernen Fußball schwer für ihn, aber auf der Linie war er verdammt stark. Außerdem erinnere ich mich, wie er unseren Manager Dieter Hoeneß beim Würfeln durch sein Lachen zur Weißglut treiben konnte.Miroslav Kadlec // Innenverteidiger // 1. FC KaiserslauternEgal ob Miro als Libero im Spiel von zwei Stürmern attackiert wurde oder nach der Partie mit einem Kaltgetränk im Entmüdungsbecken saß, sein Puls ging gefühlt nie höher als 120. Er ruhte einfach in sich. Selbst wenn er den Ball in höchster Bedrängnis bekam, hat er die Situation cool und souverän gelöst. Sensationell waren auch seine Freistöße. Als Typ war Miro recht schweigsam, doch wenn er den Mund aufgemacht hat, kam da meist etwas Lustiges raus.Michael Schjønberg // Innenverteidiger // 1. FC KaiserslauternIn unserer Meistersaison war Michael unser ?Aggressive Leader?. Mit seinen langen Beinen hat er seinen Gegenspielern Bälle abgeluchst, die niemand anderes hätte erreichen können. Er war ein Mentalitätsmonster mit einer unbändigen Siegermentalität. Nach Niederlagen war Michael ziemlich angepisst, selbst wenn es nur ein Trainingsspiel war. Vor dem Training haben wir uns oft im Basketball duelliert. Wenn ich ihn dabei besiegt habe, was hin und wieder vorkam, müsste ich mich später im Training besonders vor seinen Grätschen in Acht nehmen.Günter Schäfer // Innenverteidiger // VfB StuttgartMit seinen 1,75 Meter und 72 Kilo sah Günter auf den ersten Blick nicht sonderlich furchteinflößend aus, aber im Spiel war er knallhart. Er wollte jeden Zweikampf auf Teufel komm raus gewinnen und hat dementsprechend weder sich noch seine Gegenspieler geschont. Selbst im Training und in Freundschaftsspielen ist er voll zu Werke gegangen.Als es nach seiner Karriere bei einem Benefizspiel mal ein Eishockey-Profi gewagt hat, Günter zu tunneln, hat er ihn bei nächster Gelegenheit dermaßen über die Bande geklatscht, dass das schon beim Zuschauen weh tat. Außerhalb des grünen Rasens ist Günter aber ein absolut sympathischer Mensch, der immer auf dem Boden geblieben ist und das Herz am rechten Fleck hat.Michael Ballack // Defensives Mittelfeld // 1. FC KaiserslauternMichael und ich kamen 1997 gleichzeitig zum FCK und als Neulinge haben wir uns bei Auswärtsspielen das Zimmer geteilt. Er war damals 20 Jahre alt und absoluter Mädchenschwarm.Er war ein Megatalent und hat in jedem Training gezeigt, was für ein großartiger Fußballer er war: beidfüßig, zweikampfstark, kopfballstark und torgefährlich. Sein einziges Manko war die fehlende Schnelligkeit, aber im Zentrum musste er die auch nicht haben. Er hatte nur das Pech, dass er in eine funktionierende Mannschaft kam. Weil wir so erfolgreich waren, gab es für Trainer Otto Rehhagel keinen Grund, seine Stammelf zu wechseln, sodass Michael sich erst hinten anstellen musste. Aber weil er die Qualität und die Mentalität hatte, war es nur eine Frage der Zeit, bis er sich durchgesetzt hat.Matthias Sammer // Linkes Mittelfeld // VfB StuttgartMatthias kam 1990 kurz nach dem Mauerfall zum VfB. Er brachte höchste Qualität und eine außergewöhnliche Mentalität mit nach Stuttgart. Als Spieler war er ein Leitwolf und ein absoluter Winner-Typ. In meiner Traumelf würde er die Kapitänsbinde tragen.Mit seiner Dynamik und seinem Spielverständnis konnte er in engen Spielen den Unterschied ausmachen. Als wir 1992 die Meisterschaft gewonnen haben, war Matthias der mit Abstand beste Spieler in unserer Mannschaft und vielleicht auch in ganz Deutschland. Allerdings war er alles andere als ein Feierbiest, sondern extrem introvertiert. Unsere Meisterfeier hat er schon um 21:00 Uhr verlassen, weil er den Erfolg lieber mit sich ausmachen wollte.Ratinho // Rechtes Mittelfeld // 1. FC KaiserslauternRatinho war im Meisterjahr 1998 mein kongenialer Partner auf der rechten Seite. Ein Blickkontakt zwischen und beiden hat genügt, um zu wissen, was der andere gleich macht. Keiner verstand es so gut wie er, mir die Bälle erst im letzten Moment in die Gasse zu legen, wenn die Gegenspieler schon gar nicht mehr mit dem Pass gerechnet haben. Das ?Mäuschen?, wie Rehhagel ihn genannt hat, war ein absoluter Spaßvogel, mit dem man sensationell feiern konnte. Er hat so viel Lebensfreude ausgestrahlt, dass es teilweise schwer war, ihn überhaupt ernst zu nehmen.Krassimir Balakow // Offensives Mittelfeld // VfB StuttgartBalakow ist einer der letzten großen Spielmacher in der Bundesliga gewesen. Er hat nicht für die Galerie gespielt und trotzdem war es ein Hochgenuss, ihn spielen zu sehen, denn er war sowohl effektiv als auch elegant. Faszinierend fand ich auch, wie er sich mit einer einzigen unnachahmlichen Drehung von seinen Gegenspielern lösen konnte. Im Spiel war er permanent unterwegs und hat sich unermüdlich als Anspielstation angeboten. Mit seinem genialen linken Fuß hat er unzählige Traumpässe gespielt und Traumtore geschossen. Ich kann mich jedoch nicht erinnern, dass Krassimir jemals mit rechts geschossen hat.Giovane Elber // Linksaußen // VfB StuttgartGiovane ist der beste Spieler, mit dem ich je gespielt habe. Als er zu uns kam, war unserer Mannschaft sofort klar, was für eine Granate der Verein mit ihm verpflichtet hatte. Er hatte keine Schwächen, sondern nur Stärken! Nur im Sprinttraining stach er nicht besonders hervor, doch sobald er den Ball am Fuß hatte, ging er ab wie eine Rakete und war schneller als ohne Ball! Außerdem strahlte er Lebensfreude ohne Ende aus. Ein Gewinn ? auch menschlich ? für jedes Team dieser Welt.Leider hat er sich direkt in seinem ersten Punktspiel für uns einen Knöchelbruch zugezogen und ist lange ausgefallen. Doch Giovane kam genauso stark zurück und wurde noch besser. Die Mischung aus unfassbar viel Talent und einer Leichtigkeit im Spiel sowie seine deutschen Tugenden wie Pünktlichkeit und Disziplin, nicht selbstverständlich für einen Brasilianer, war unschlagbar.Youri Djorkaeff // Rechtsaußen // 1. FC KaiserslauternDer Spitzname von Youri war ?Snake?, die Schlange, weil bei ihm alle Bewegungen fließend waren. Er war ein Schlitzohr, das in Eins-gegen-Eins-Situationen an seinen Gegenspielern vorbeigegangen ist, als wären es Slalomstangen. Er hat in den Momenten immer abgewartet, bis der Gegenspieler sein Gewicht auf eine Seite verlagert hat, um dann blitzschnell auf der anderen Seite vorbeizugehen. Außerdem war er eiskalt vor dem Tor. Er war ein Spieler der Kategorie, der aus dem Nichts entscheidende Dinge vollbringen konnte. Trotz einiger anderslautender Meinungen habe ich ihn als absoluten Profi erlebt. Ich mochte auch seinen französischen Humor!Olaf Marschall // Mittelstürmer // 1. FC KaiserslauternOlaf war der beste reine Strafraumstürmer, der mir in meiner Karriere begegnet ist. Seine Cleverness im Abschluss war der Wahnsinn. Seine Spezialität war der angedeutete Schuss im Strafraum, den der Abwehrspieler mit einem Ausfallschritt blocken wollte. Anschließend hat er ihm den einfach durch die Beine ins kurze Eck geschossen. Ich bin mir sicher, dass er bei einer Mannschaft wie Bayern München, die in jedem Spiel viele Strafraumsituationen hat, pro Saison 20 bis 30 Tore schießen würde. Bei Tempofußball-Mannschaften wie RB Leipzig und Borussia Dortmund würde er aufgrund seiner überschaubaren Schnelligkeit Probleme haben, zumal er außerhalb des Strafraums nicht wirklich zu gebrauchen war. (lacht)Meine ErsatzbankAndreas Reinke // TorwartAndy hat im Tor eine Bierruhe ausgestrahlt und hatte für einen Keeper außergewöhnlich gute fußballerische Fähigkeiten. Beim FCK ist er in einigen Freundschaftsspielen schon mal als Stürmer aufgelaufen und hat seine Sache vorne sehr ordentlich gemacht. Und wie ich ist er einer von nur sieben Spielern, die mit zwei Mannschaften Deutscher Meister wurden, ohne dass dabei Titel mit Bayern oder Dortmund dabei waren.Frank Verlaat // AbwehrFrank ist ein toller Mensch und war auf dem Platz eine absolute Leader-Figur. Bevor ich 1997 vom VfB zum FCK gewechselt bin, wollte Frank den Transfer mit aller Macht verhindern und sprach deswegen sogar bei unserem damaligen Präsidenten Gerhard Meyer-Vorfelder vor. Somit hätte Frank fast meine Meisterschaft 1998 mit Lautern verhindert. Glücklicherweise ließ ?MV? nicht mit sich reden und erteilte mir trotzdem die Freigabe.Thomas Strunz // MittelfeldWie Ratinho beim FCK war Thomas zu Stuttgarter Zeiten mein kongenialer Partner auf der rechten Seite. Wir haben uns blind verstanden. Er hatte das perfekte Gespür, wann er welchen Ball spielen musste. Als die Bayern beim VfB wegen uns beiden anklopfte, erhielt nur einer von uns eine Freigabe. Sie entschieden sich für Thomas, vielleicht hieße es sonst: »Was erlaube Buck?!?« (lacht) Karl Allgöwer // MittelfeldKarl war eines der Idole meiner Jugend - und dann war er plötzlich mein Mitspieler, mit dem ich sogar eine Fahrgemeinschaft gebildet habe, weil wir in Nachbarorten wohnten. Weil er ein recht schweigsamer Typ und ich damals noch sehr schüchtern war, haben wir in den ersten Monaten maximal zehn Sätze gewechselt. Später hat er mir aber wertvolle Tipps für meine weitere Karriere gegeben. Sein Spitzname war ?Knallgöwer? ? und dies zurecht. Er hatte die beste Schusstechnik, die ich je gesehen habe. Er traf jeden Ball perfekt!Miroslav Klose // SturmDass Miro in meiner Traumelf nur auf der Bank sitzt, spricht für die Klasse der anderen. Zu unserer gemeinsamen Zeit in Lautern stand er noch ganz am Anfang seiner Karriere und war noch nicht der Weltklassestürmer, zu dem er sich spätestens in Bremen entwickelt hat. Miro war ein feiner, ruhiger Kerl, der nicht viel geredet hat. Dafür hat er im Spiel umso mehr Gas gegeben. Sensationell war sein Kopfballspiel. Mit seiner Sprungkraft und seinem perfektem Timing war er in der Luft kaum zu verteidigen.Karriere-Insights von Andreas BuckVideo: Highlights von Andreas BuckMein bester TrainerIch habe unter anderem mit Otto Rehhagel und Christoph Daum zusammengearbeitet, aber der beste Trainer war für mich Jürgen Klopp, unter dem ich zum Ende meiner Karriere noch ein Jahr beim FSV Mainz gespielt habe. Sowohl vom Fachlichen, als auch von seinen Ansprachen her, war Kloppo eine glatte Eins. Was er uns vor den Spielen taktisch mit auf den Weg gegeben hat, war fantastisch. Dass er solch eine steile Trainerkarriere hinlegen würde, habe ich damals noch nicht geahnt, aber rückblickend überraschen mich seine großen Erfolge mit Mainz, Dortmund und Liverpool kein Stück!Christoph Daum war ein echter Motivationskünstler. Er hat uns vor den Spielen eingeimpft, dass heute nur eine Mannschaft als Sieger vom Platz gehen kann ? und zwar wir! Wenn wir auf den Platz gegangen sind, haben wir gebrannt! Nur zum Schluss seiner drei Jahre beim VfB hatte sich seine Art etwas abgenutzt, denn wenn man immer über 100 Prozent gibt, ist man irgendwann leer. Das betraf damals sowohl uns Spieler als auch Daum selbst.Die große Stärke von Otto Rehhagel war sein fast untrügliches Gespür für Neuverpflichtungen. Er schien genau zu wissen, welche neuen Spieler in seiner Mannschaft funktionieren werden. Außerdem war seine familiäre Art beeindruckend. Sein Leitsatz gegenüber uns Spielern war immer: »Als Mensch sind Sie mir heilig!«Mein Weg zum ProfiWeil ich beim Abitur die 100 Meter in 10,8 Sekunden gelaufen bin und ich beim Weitsprung ohne Training über sieben Meter weit kam, wollte mein Sportlehrer mich zum Leichtathleten machen. Aber das wäre mir zu langweilig geworden, denn ich war eher der Mannschaftsport-Typ. Und im Fußball war ich schließlich auch nicht so schlecht. Trotzdem hatte ich nicht auf dem Zettel nur kurze Zeit später Profi zu sein. Mit 20 Jahren habe ich beim VfL Kirchheim in der 3. Liga gekickt und die Profis waren für mich Götter!Die Tür zum Profifußball hat sich für mich 1988 durch ein Länderpokal-Turnier aufgetan, bei dem ich mit der Baden-Württemberg-Auswahl gegen die Auswahl der anderen Bundesländer angetreten bin. Wir haben vor den Augen unzähliger Bundesliga-Scouts das Turnier gewonnen. Anschließend hat Trainer Jörg Berger mich zum SC Freiburg in die 2. Liga geholt. Nach meinem ersten Pflichtspiel war ich total happy. Das konnte mir keiner mehr nehmen! Ich hätte damals nie gedacht, dass noch so viele weitere Spiele und sogar Titel dazukommen würden.Mit 20 hatte ich noch nicht die Ellenbogen für das Profigeschäft, daher war Freiburg das perfekte Pflaster für mich. Hier konnte ich mich ohne Druck in Ruhe entwickeln. Wäre ich direkt zum VfB Stuttgart gewechselt, wäre ich dort zwischen den ganzen Platzhirschen untergegangen.Erst zwei Jahre später bin ich mit 70 Zweitligaspielen im Gepäck zum VfB gegangen, wo Willi Entenmann Trainer war. Im Training wurde ich als Neuling von den Etablierten permanent umgetreten. Dadurch hatte ich zwei Bänderrisse, bevor ich überhaupt mein erstes Bundesligaspiel für Stuttgart gemacht habe! Als ich wieder genesen war, saß ich mit Karl Allgöwer auf dem Weg zum Training im Auto und habe ihn gefragt, was ich machen muss, um endlich eine Chance zu bekommen. Sein Rat war eindeutig: »Fang an, dich zu wehren, sonst gehst du hier unter.« Zurück im Mannschaftstraining habe ich Maurizio Gaudino voll rasiert. Nach dem Tipp von Karl war Mauri einfach zum falschen Zeitpunkt am falschen Ort. Entenmann hat mich zur Strafe unter die Dusche geschickt, doch als die Mannschaft nach Trainingsende in die Kabine kam, haben die Etablierten mich angeschaut und anerkennend zugenickt. Damals waren die Sitten anders als heute, es ging es nur übers Wehren und Aushalten.Als dann Daum Ende 1990 Trainer wurde, hat er mich von Beginn an spielen lassen und da ging meine Karriere dann so richtig los.Meine Titelgewinne mit dem VfBAm letzten Spieltag der Saison 1992 lagen wir punktgleich mit Spitzenreiter Eintracht Frankfurt auf Platz 2 und gingen ohne große Hoffnung ins Spiel, weil die Frankfurter in der Saison den besten Fußball gespielt haben, das deutlich bessere Torverhältnis und den einfacheren Gegner hatten. In unserem Spiel gegen Bayer Leverkusen stand es bis zur 80. Minute nur 1:1, als auch noch Matthias Sammer mit Rot vom Platz flog. Doch dann köpfte Guide Buchwald das 2:1 und Frankfurt verlor überraschend gegen Hansa Rostock. Weil es bis dahin in meiner Karriere immer nur bergauf ging, bin ich in meinem jugendlichen Leichtsinn davon ausgegangen, dass noch ein paar Meisterschaften dazukommen würden.Mein nächster Titel ließ aber fünf Jahre auf sich warten. Wir standen 1997 mit dem VfB im DFB-Pokalfinale gegen Energie Cottbus. Es sollte mein letztes Spiel für Stuttgart werden, da mein Wechsel zum FCK bereits feststand. Ich fand es sehr schade von Trainer Jogi Löw, dass er mich 90 Minuten auf der Bank hat schmoren lassen und kurz vor Schluss lieber noch zwei Amateure eingewechselt hat, als mir die Chance zu geben, mich nach weit über 150 Spielen vom Verein und den Fans zu verabschieden.Meine sensationelle Meisterschaft mit dem 1. FC KaiserslauternNach sieben Jahren Stuttgart stand für mich fest, etwas Neues machen zu wollen. Mit Werder Bremen war ich mir im Prinzip schon einig, doch dann hat Manager Willi Lemke mir ein kompliziertes und dudendickes Vertragswerk mit allerhand Klauseln und wenn-dann-Abmachungen vorgelegt, dass ich keinen Überblick hatte, was ich überhaupt verdienen würde! Dann hat Otto Rehhagel angerufen und mir den Wechsel nach Kaiserslautern schmackhaft gemacht. Mit Sätzen wie »Du bist genau der Spieler, den wir noch brauchen, wir werden die Liga aufreißen«, hat er mich schnell überzeugt. Ich war Feuer und Flamme, zumal ich schon als Gast immer gerne auf dem Betzenberg gespielt habe.Mir war klar, dass der FCK kein normaler Aufsteiger war und mit dem Abstieg nichts zu tun haben würde. Ich hatte mir einer Platzierung im oberen Mittelfeld erhofft, doch ab dem 3. Spieltag standen wir auf Platz 1 und haben ihn nicht mehr hergegeben. Erst im Laufe der Rückrunde wurde uns so richtig bewusst, was für eine einmalige Chance sich uns bietet, als Aufsteiger Meister zu werden. Dafür waren wir bereit, alles zu geben! In jedem Training war Feuer drin. Wir hatten eine Top-Mentalität, wenn wir in Führung lagen, waren wir kaum zu schlagen! Als wir den Titelgewinn am 33. Spieltag zu Hause klargemacht haben, haben wir mit den Fans gefeiert und die Stadt eingerissen. Die Feier hat alles in den Schatten gestellt, was ich beim VfB nach der Meisterschaft erlebt habe.Video: Die Meisterschaft vom FCK 1998Meine Karriere nach der KarriereSchon vor meinem Wechsel nach Mainz war klar, dass ich nach meinem Karriereende die große Versicherungsagentur meines Onkels übernehmen würde. Daher habe ich noch während meiner aktiven Laufbahn die nötige Ausbildung zum Versicherungskaufmann absolviert. 2019 kam ich dann auch die wahnsinnige Idee, als Funktionär zum FCK zurückzukehren. Dieser großartige Verein liegt seit Jahren am Boden und ich wollte ihm mit meinen Ideen und auf meine Art und Weise ehrenamtlich wieder auf die Beine helfen. Aber in Vereinen ist es oft wie in der Politik: Man kämpft gegen Windmühlen.Neben der Versicherungsagentur leite ich heute unter anderem gemeinsam mit Urs Meier die Agentur SportCare und berate aktive und ehemalige Sportler in Versicherungsfragen und bei der Abwicklung der Ansprüche gegen die Berufsgenossenschaft.Meine BiographieMich stört schon seit Langem, wie Fußballprofis in der Öffentlichkeit ziemlich einseitig dargestellt werden. Jeder sieht nur deren Erfolg, die Popularität und das viele Geld. Die andere Seite der Medaille ist aber weit weniger glänzend: Die Spieler stehen unter permanenter Beobachtung, werden beschimpft, beleidigt und haben einen riesigen Erfolgsdruck. Niemand weiß, wie es eigentlich in den Köpfen aussieht. So sehr ein Außenstehender den Fußball auch liebt, kann er leider niemals zu 100 Prozent nachempfinden, wie es ist, ein Profi-Fußballer zu sein. Das Buch wechselt immer zwischen autobiographischen Momenten, die so erzählt werden, als ob man direkt dabei wäre, und kritischer Betrachtung des aktuellen Fußball-Business.Mit meiner Biographie »Turbo: Mein Wettlauf mit dem Fußballgeschäft« möchte ich anhand meiner Geschichte das Dasein als Profi aus Sicht eines Spielers schildern. Das Buch nimmt die Leser mit in die Gedankenwelt eines Spielers. Zumindest Urs Meier hat es gefallen. Er fand es »sensationell« und meinte nur: »Ein faszinierender Blick in die Seele eines Profisportlers. Wer den Fußball von heute verstehen will, sollte unbedingt dieses Buch lesen.«Werdegang von Andreas Buck JahreVereinSpiele (Tore) 1988-1990SC Freiburg65 (0) 1990-1997VfB Stuttgart165 (10) 1997-20021. FC Kaiserslautern103 (5) 2002-2003FSV Mainz 0511 (2)

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Timo Wenzel

22.07.2020 00:00:00

Timo Wenzel war einer der ?jungen Wilden?, die mit dem VfB Stuttgart die Bundesliga aufgemischt und in der Champions League für Furore gesorgt haben. Hier blickt er auf seine Karriere zurück und stellt seine Traumelf aus seinen früheren Mitspielern vor. Dabei erinnert er sich an Vorahnungen von Timo Hildebrand, Ziehpapa Zvonimir Soldo und mutige Ansagen von Jens Todt gegenüber Felix Magath. Außerdem erzählt er, warum er sich an einem Tag wie Superstar Cristiano Ronaldo gefühlt hat.Die Traumelf von Timo WenzelTaktische AufstellungTimo Wenzel über?Timo Hildebrand // Torwart // VfB StuttgartTimos war für unsere Mannschaft ein großer Rückhalt. Herausragend waren seine fußballerischen Qualitäten, mit denen er Olli Kahn und Jens Lehmann weit überlegen war. Wir haben im gleichen Ort gewohnt und sind beim VfB den gleichen Weg gegangen. Zehn Jahre haben wir zusammen gespielt, erst in der Jugend, dann bei den Amateuren und schließlich bei den Profis und sogar zusammen im Team 2006 des DFB. Ich weiß noch, wie ich vor dem Spiel beim HSV zum ersten Mal im Kader stand und Timo mir abends auf dem Zimmer sagte, dass er das Gefühl hätte, dass ich am nächsten Tag spielen würde. Da habe ich ihn für verrückt erklärt, doch in der Mannschaftssitzung stand tatsächlich mein Name auf der Taktiktafel.Andreas Hinkel // Rechter Verteidiger // VfB StuttgartFußballerisch war Andy einer der besten Rechtsverteidiger der Liga. Er war ein Lauftier und technisch versiert, nur deine eine oder andere Flanken hätte besser kommen können. (lacht) Außerhalb des Platzes konnte er keiner Fliege etwas zuleide tun, aber im Spiel wollte er um jeden Preis gewinnen! Ich habe ihn als herzlichen, verlässlichen und bodenständigen Menschen kennengelernt ? und so ist er immer geblieben. Der Erfolg hat ihn kein Stück verändert.Pablo Thiam // Innenverteidiger // VfB StuttgartAuf dem Platz war er mit seinen Staubsauger-Qualitäten vor der Abwehr ein ganz wichtiger Mann für uns. Auch abseits des Platzes war er einer der Spieler, zu denen ich als Nachwuchsprofi hoch geschaut habe. Er hat mir und den anderen Jüngeren beigebracht, wie die Dinge in der 1. Mannschaft laufen. Als er ein Angebot von Bayern München kam, habe ich mich einerseits für ihn gefreut, andererseits war es verdammt schade, dass er uns verlassen hat. Unser Kontakt hat aber gehalten. Ich war sogar mit ihm in München auf Wohnungssuche und später auf seiner Hochzeit.Ingo Hertzsch // Innenverteidiger // 1. FC KaiserslauternMit dem »Hertzscher« alias »Weißbier-Ingo« habe ich erst in Kaiserslautern und dann beim FC Augsburg zusammen gespielt, wo wir Zimmerkollegen waren. Er war ein Vorstopper der alten Schule, knüppelhart aber meistens fair und hat sich in jedem Spiel voll reingehauen. Im Spielaufbau gab es versiertere Verteidiger als ihn, aber als sein Nebenmann habe ich das für ihn übernommen. (lacht) Zum Ende seiner Karriere ist er zu RB Leipzig gewechselt, wo er heute auf der Geschäftsstelle des Vereins tätig ist.Philipp Lahm // Linker Verteidiger // VfB StuttgartAls wir erfahren haben, dass ein gewisser Philipp Lahm von den Bayern Amateuren zu uns kommt, waren wir gespannt, was er für einer ist, denn wir wussten so gut wie nichts über ihn. Als ich ihn das erste Mal in der Kabine gesehen habe, bin ich nicht auf die Idee gekommen, dass da ein späterer Champions-League-Sieger und Weltmeister vor mir sitzen würde.Wir haben dann aber schnell gemerkt, dass Philipp trotz seines jungen Alters schon sehr weit war und er über außergewöhnliche Spielintelligenz verfügte. Seinen ersten Einsatz hatte er, als er am zweiten Spieltag für mich eingewechselt wurde. Ab dann war er bei uns im Team gesetzt.Zvonomir Soldo // Defensives Mittelfeld // VfB StuttgartZvonomir war unser unumstrittener Kapitän, ein absoluter Leader und darüber hinaus noch der Ziehpapa der »jungen Wilden« Generation um Philipp Lahm, Andy Hinkel, Kevin Kuranyi und mich. Seine Autorität auf dem Platz war förmlich greifbar. Soldo hat nicht sonderlich viel geredet, aber wenn er den Mund aufgemacht hat, war das inspirierend. »Fußball ist ganz einfach«, hat er mal zu mir gesagt. Und so hat er auch gespielt: Ganz klar, mit wenigen Kontakten, mit sauberen Pässe und ohne Risiko, aber mit vollem Einsatz im Zweikampf.Jens Todt // Zentrales Mittelfeld // VfB StuttgartIch habe immer gerne von den erfahrenen Spielern gelernt, sowohl was das Sportliche als auch deren Verhalten in der Mannschaft anbelangt. Jens war einer der Spieler, die mich dabei am meisten beeindruckt haben, denn er hat richtig was auf dem Kasten.Jens war ein kompletter Spieler, der im Mittelfeld die Fäden gezogen hat, auch wenn er das in Stuttgart viel zu selten zeigen konnte. Zum einen war er damals oft verletzt und zum anderen hatte er unter Felix Magath einen schweren Stand, nachdem er es gewagt hat, dem Trainer eine Ansage zu machen. Nachdem wir ein Spiel verloren hatten, war Magath tagelang richtig schlecht gelaunt und hat uns das spüren lassen. In der Kabine hat Jens schließlich das Wort ergriffen und meinte zu Magath: »Trainer, Sie laufen jetzt seit einer Woche mit so einer Fresse rum. Ja, wir Spieler haben es im letzten Spiel verbockt, aber mit Ihrer miesen Laune helfen Sie uns auch nicht weiter. Wir brauchen einen Trainer, der hinter uns steht.«Einerseits hat das gefruchtet, denn Magath war die Tage danach viel freundlicher, aber Jens hat ab dem Zeitpunkt nicht mehr viel gespielt und war somit leider ein Opfer seiner eigenen Courage. Unsere Mannschaft wusste seine offenen Worte aber sehr zu schätzen!Dimitrios Grammozis // Zentrales Mittelfeld // 1. FC KaiserslauternDimi ist einer meiner absoluten Favorite Player. Er war ein überragender Kicker und auf dem Platz ein echter Kerl. Er hat sich nichts geschissen, wie man so schön sagt, ganz egal wie groß der Druck oder heikel die Situation war. Er hat sich immer wieder angeboten und dann Lösungen gefunden.Außer mit Timo Hildebrand habe ich mit keinem anderen Spieler so viel erlebt wie mit Dimi. Wir haben erst in Kaiserslautern, dann in Zypern und schließlich in Griechenland zusammen gespielt. Außerdem haben wir nach unserer Karriere noch gemeinsam den Trainerlehrgang absolviert. Unser guter Draht hält bis heute.Leonhard Haas // Linkes Mittelfeld // FC AugsburgLeo kam von den Bayern- und HSV-Amateuren, bevor er nach Augsburg gewechselt ist. Den Durchbruch hat er damals noch nicht geschafft, aber er war ein Spieler, den ich immer gerne in meiner Mannschaft hatte. In der Defensive war er zwar nicht groß zu gebrauchen, aber in der Offensive hat er dank seiner feinen Technik und seiner Dribbelkünste ordentlich für Wirbel gesorgt.Silvio Meißner // Rechtes Mittelfeld // VfB StuttgartSilvio zählte nie zu den Stars, aber er war enorm wertvoll fürs Team. Er war der Typ Mittelfeld-Terrier: 90 Minuten gelaufen, Löcher gestopft und den Gegner bearbeitet. Und nebenbei hat er noch in schöner Regelmäßigkeit Tore geschossen. Solche Spieler sind für jede Mannschaft Gold wert, auch wenn »Meise« es mit seinem Einsatz manchmal übertrieben hat, zum Beispiel als mir er im Training beim 5-gegen-2 die Nase gebrochen hat!Miroslav Klose // Sturm // 1. FC KaiserslauternMit Miro habe ich nur ein halbes Jahr beim FCK zusammengespielt, aber in der Zeit hat er mich nachhaltig beeindruckt, obwohl er damals eine Torflaute hatte. Sein Kopfballspiel war eine Wucht, genauso wie seine Menschlichkeit. Miro war ungemein freundlich und hilfsbereit. Damals wie heute ist er charakterlich eine glatte Eins. Es ist jedes Mal eine Freude, ihn wiederzutreffen.Mit seinem Wechsel von Lautern zu Werder 2004 hat Miro den nächsten Schritt gemacht und dann eine sagenhafte Karriere hingelegt. Beim WM-Finale 2014 habe ich natürlich wie alle Fans mitgefiebert, auch weil da mit Miro und Philipp zwei ehemalige Mitspieler von mir auf dem Platz standen.Meine ErsatzbankEs gibt noch so viele weitere herausragende Spieler wie zum Beispiel Krassimir Balakov, Alexander Hleb, Kevin Kuranyi oder Carsten Jancker, die einen Platz in meiner Traumelf verdient gehabt hätten. Für die Ersatzbank entscheide ich mich jedoch für Spieler, die zwar nicht den großen Namen haben, in meiner Karriere aber wichtige Wegbegleiter für mich waren.Morten Jensen // TW // SV Elversberg Ilker Aybar // Abwehr // VfB Stuttgart II Timo Schmied // Abwehr // VFB Stuttgart II Noel Kaseke // Mittelfeld // Omonia Nikosia Matteo Batista // Mittelfeld // VfB Stuttgart II Angelo Vakaro // Sturm // FC Augsburg Christian Tiffert // Sturm // VfB StuttgartKarriere-Insights von Timo WenzelVideo: VfB gewinnt 2:1 in der Champions League gegen ManUMeine besten TrainerFelix Magath verlangte uns alles ab und war manchmal viel zu hart. Aber wir hatten unter ihm Erfolg ? und darauf kommt es im Profifußball unterm Strich an. Bei aller Härte war er aber nicht unfair. Er hat meinen Trainingsleistungen honoriert und mir daraufhin die Chance gegeben, mich in der Bundesliga und Champions League zu beweisen. Somit habe ich ihm im Prinzip alles zu verdanken.Erik Gerets hat mich Anfang 2004 nach Lautern geholt, doch leider wurde er nur wenige Wochen später entlassen. Ich hätte gerne länger mit ihm zusammengearbeitet, denn er war ein verdammt guter Trainer mit einem super Draht zu den Spielern. Nicht nur ich, sondern auch viele Mitspieler waren traurig, als er gehen musste.Auch Kurt Jara, unter dem ich beim FCK Kapitän war, hat alles mitgebracht, was ein guter Trainer braucht und war in der Mannschaft sehr beliebt. Als er sich jedoch nach einer Niederlage gegen Hannover aus der Emotion heraus dazu hinreißen lassen hat, den Fans den Stinkefinger zu zeigen, war seine Entlassung nicht mehr zu vermeiden.Mein Weg zum ProfiWie jeder kleine Junge habe ich davon geträumt, Fußballprofi zu werden und haben jeden Tag mit meinen Freunden gekickt. In der D-Jugend bin ich dann vom FC Burlafingen zum SSV Ulm gewechselt. Nach einer Weile ist der VfB Stuttgart auf mich aufmerksam geworden und hat mich in die U19 geholt, wo Ralf Rangnick damals Trainer war. Später kam ich zu den Amateuren in die U23, habe dort im ersten Jahr allerdings kaum gespielt, sodass ich mir schon die Frage gestellt hat, ob ich hier noch richtig bin. Doch der Verein hat keine Anstalten gemacht, mich loswerden zu wollen. Also habe ich mich durchgebissen und im zweiten Jahr schließlich deutlich mehr gespielt, woraufhin ich sogar einen Profivertrag erhalten habe.Als es Anfang 2002 in der ersten Mannschaft zum Trainerwechsel von Ralf Rangnick zu Felix Magath kam, wurde ich von den Amateuren zu den Profis hochgezogen und war daraufhin schon bald fester Bestandteil des Teams. Ich hatte seit jeher einen großen Ehrgeiz und konnte im Training an meine körperlichen Grenzen gehen. Damit war ich bei einem Trainertyp wie Magath genau an der richtigen Adresse.Auf einmal mit Stars wie Fredi Bobic und Krassimir Balakow auf dem Platz zu stehen, war großartig, aber man kann nicht die ganze Zeit staunend über den Platz laufen, sondern muss selbst Leistung bringen. Ich habe die neue Situation voll angenommen und bin da schnell rein gewachsen, sodass es für mich schon bald normal war, vor 50.000 Zuschauern zu spielen. Ich erinnere mich noch, wie wir innerhalb von einer Woche erst gegen Bayern München, dann bei Manchester United und schließlich beim BVB gespielt haben. Viel mehr kann man als Profi in sieben Tagen kaum erleben.Meine Karriere-HighligtsHinter mir liegt eine erlebnisreiche Karriere mit einigen großen Erfolgen. Die Highlights waren die Meisterschaft in Zypern, die Vizemeister mit dem VfB und die großartigen Europapokal-Abende, wo ich mich mit überragenden Spielern wie Robinho, Paul Scholes oder Ruud van Nistelrooy messen konnte.Meinen persönlich größten Moment hatte ich in der Champions League beim Spiel gegen Celtic Glasgow. Bei unserem 1:0-Sieg war ich Schütze des goldenen Tores, woraufhin nach dem Spiel sämtliche Kameras auf mich gerichtet waren und jeder Medienvertreter ein Interview von mir wollte. Daraufhin wusste ich, wie sich Cristiano Ronaldo oder Messi nach jedem Spiel fühlen müssen. Den einen Tag habe ich das genossen, aber immer hätte ich das nicht haben müssen.Mein Karriere-FazitIch denke, dass ich aus meinem Talent so ziemlich das Maximum herausgeholt habe. Die Zeit beim VfB war am schönsten, weil es »mein« Verein war. Aber auch Augsburg und der FCK blieben mir in bester Erinnerung. Meine Stationen im Ausland in Zypern und Griechenland, raus aus der Komfortzone Deutschland, waren super für die Persönlichkeitsentwicklung. Rückblickend würde ich fast alles wieder so machen, außer dass ich mir für die Sommerpausen einen Personaltrainer genommen und mehr auf meine Ernährung geachtet hätte. Aber auch ohne das habe ich noch bis 38 Jahre spielen können. Heute arbeite ich als Trainer und gebe meine Erfahrung an die nächste Generation weiter.Werdegang von Timo Wenzel JahreVereinLigaspiele (Tore) 2000?2003VfB Stuttgart65 (1) 2004-20061. FC Kaiserslautern41 (10) 2006-2008FC Augsburg51 (1) 2008-2011Omonia Nikosia74 (0) 2011-2012AO Kerkyra23 (2) 2012-2015SV Elversberg90 (4)

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Benny Lauth

17.07.2020 00:00:00

Der Stern von »Benny» Lauth ging 2002 auf, als er beim TSV 1860 München quasi aus dem Nichts kam, die Bundesliga aufmischte und zu einem der begehrtesten Stürmer Deutschlands wurde. Hier stellt er seine Traumelf aus seinen früheren Mitspielern in München, Hamburg und Stuttgart vor und erinnert sich dabei an die Macken von Gabor Király, den »Kannibalen« Karim Boulahrouz und Torschusstraining mit Davor Suker. Außerdem spricht er über seinen besten Trainer und lässt seine wechselhafte Karriere Revue passieren.Die Traumelf von Benny LauthTaktische AufstellungBenny Lauth über?Gábor Király // Torwart // TSV 1860 MünchenIn über 150 Pflichtspielen stand ich in meiner Karriere gemeinsam mit Gábor auf dem Platz, so oft wie mit niemandem sonst. Mit seinen weiteren Abwürfen hat er mal eine Torvorlage gegeben. Gábor war noch ein Torwart vom alten Schlag: lautstark und mit katzenartigen Reflexen auf der Linie, aber mit überschaubaren fußballerischen Qualitäten. Ansonsten war er menschlich wie sportlich ein super Typ, auch wenn er die eine oder andere Marotte hatte. Ich denke da vor allem an seine ewige graue Trainingshose oder dass er im Training manchmal die Torwarthandschuhe ausgezogen hat.Marco Kurz // Innenverteidiger // TSV 1860 MünchenAls ich beim TSV 1860 München von der Jugend zu den Profis kam, war Marco der Kapitän. Wie er sich um junge Spieler wie mich gekümmert hat, war absolut vorbildlich. Er hat mir viele Tipps gegeben und mir klargemacht, dass in einer Profi-Mannschaft ein harter Konkurrenzkampf herrscht. Einerseits hat jeder Spieler die Pflicht, um seine Position zu kämpfen. Andererseits darf sich niemand über die Mannschaft stellen, denn Erfolg kann man beim Fußball nur gemeinsam haben. Dazu zählt auch, nicht nur auf sich zu schauen, sondern auch auf seine Mitspieler zu achten. Das hat er selbst jeden Tag vorgelegt. Geschont hat er mich auf dem Platz deswegen aber nicht: In den Trainingsduellen ist er hart aber fair zur Sache gegangen. Als er später bei den Löwen Trainer war, hat er mich zurück nach München geholt.Karim Boulahrouz // Innenverteidiger // Hamburger SVDer Spitzname von Karim war »Kannibale«. Der Name passte wie die Faust aufs Auge, denn so wie er auf dem Platz zur Sache gegangen ist, konnte so manchem Stürmer angst und bange werden. Zusammen mit Daniel van Buyten hat er in der Innenverteidigung ein unfassbar gutes Gespann gebildet. Die beiden haben alles abgeräumt und hatten einen großen Anteil an den erfolgreichen Jahren des HSV. Sein etwas skurriler Abgang zum FC Chelsea hat eine große Lücke in unserer Abwehr hinterlassen.Arne Feick // Linker Verteidiger // TSV 1860 MünchenIm Profi-Fußball lernt man sehr viele Spieler kennen, verliert sich aber meist schnell wieder aus den Augen, sobald man nicht mehr beim gleichen Verein ist. Doch mit Arne verbindet mich seit unserer gemeinsamen Zeit bei den Löwen eine Freundschaft, die bis heute hält.Leider hatte er oft mit Verletzungen zu kämpfen, sodass er bei uns nicht so richtig zum Zug kam. Aber wenn er spielte, war auf ihn Verlass. Er ist die linke Seite hoch und runter marschiert und hat mir mit seinem starken linken Fuß von Außen regelmäßig schöne Vorlagen serviert.Guy Demel // Rechter Verteidiger // Hamburger SVWas Atouba in Hamburg links hinten veranstaltet hat, war ein ganz schmaler Grat zwischen Genie und Wahnsinn. Im Vergleich dazu war Guy vernünftig und grundsolide, ein Koloss auf der rechten Abwehrseite. In unserer Viererkette war er nicht wegzudenken, weil er seine Seite dicht und unser Spiel von hinten unermüdlich angeschoben hat. Taktisch war er dabei auf einem Top-Niveau. Auch menschlich war Guy zu 100 Prozent in Ordnung. Außerdem wusste er, wie man ordentlich feiert!Raphael Wicky // Defensives Mittelfeld // Hamburger SVAls ich von München nach Hamburg wechselte, hat Raphael mir sehr bei der Integration in mein neues Umfeld geholfen. Wir haben uns auf Anhieb super verstanden und bei Auswärtsfahrten und Trainingslagern das Zimmer geteilt. Statt Playstation zu zocken, haben wir unzählige Stunden vor dem Laptop verbracht und Fußball-Manager gespielt. Weil wir in der Simulation gute Werte hatten, haben wir uns natürlich auch selbst verpflichtet. (lacht)Als Spieler hat mir »Rafa« mit seiner Cleverness imponiert. Er wollte immer den Ball haben und hat sich auch nicht verunsichern lassen, wenn man mal drei Fehlpässe gespielt hat. Er war selbstkritisch und hatte den Anspruch, sich jeden Tag zu verbessern. Es passt zu ihm, dass er nach seiner aktiven Karriere die Trainerlaufbahn eingeschlagen hat.Thomas Hitzlsperger // Zentrales Mittelfeld // VfB StuttgartThomas und ich kennen uns schon seit unserer frühen Jugend, als wir uns in den Spielen der Juniorenmannschaften der Löwen gegen die Bayern regelmäßig duelliert haben und wir in der Münchner Stadtauswahl dann gemeinsam auf dem Platz standen. In Stuttgart haben sich unsere Wege dann wieder gekreuzt und über das »Team Bananenflanke« sind wir heute noch verbunden.Allein mit seinem Traumtor zum 2:1 gegen Energie Cottbus, mit dem er uns am letzten Spieltag der Saison 2006/07 zur Meisterschaft geschossen hat, hätte er einen Platz in meiner Traumelf verdient. Normalerweise ist Thomas ein besonnener Typ, aber bei der Meisterfeier ist selbst er eskaliert! (lacht)Video: Traumtor von ?The Hammer? Thomas HitzelspergerThomas Häßler // Zentrales Mittelfeld // TSV 1860 MünchenAls ich bei den Löwen zu den Profis kam, war Thomas der größte Name in unserem Kader. Ich war zunächst etwas unsicher, wie er auf mich reagieren würde, schließlich war er Welt- und Europameister und ich noch völlig unbekannt. Aber »Icke« war von Beginn an herzlich, nahbar und hat mir Tipps gegeben, wie ich mein Spiel verbessern kann. Heute spielen wir noch gelegentlich in der Löwen-Traditionsmannschaft zusammen. In meiner Traumelf sollte er der Kapitän sein.Damals war er schon etwas über seinem Zenit, doch im Mittelfeld war er immer anspielbar, hatte ein Auge für die Mitspieler und konnte seine Gegenspieler mit seinen Haken abschütteln. Ich kann nur erahnen, wie viel besser er noch zu seinen Top-Zeiten in Köln, Rom oder beim KSC gewesen sein muss. Am meisten beeindruckt hat mich seine perfekte Schusstechnik, die ich in meiner gesamten Karriere bei keinem anderen Spieler mehr gesehen habe. Das war allerdings nicht nur Talent, sondern er hat auch etwas dafür getan und nach jedem Training noch mindestens 20 Torschüsse geübt.Kevin Volland // Sturm // TSV 1860 MünchenAls ich 2008 aus Hannover zu den Sechzigern zurückkam, spielte Kevin dort noch in der B-Jugend. Weil mein Berater auch ihn betreut hat, habe ich seine Entwicklung schon früh verfolgt. Es war zu sehen, dass er über außergewöhnlich viel Potenzial und über eine enorme Physis verfügte. Obwohl wir Konkurrenten im Sturm waren, habe ich es als meine Aufgabe gesehen, ihn bei den Profis etwas an die Hand zu nehmen. Wenn wir zusammen auf dem Platz standen, haben wir super harmoniert und uns gegenseitig die Bälle aufgelegt. Unser Kontakt hat bis heute gehalten, manchmal lädt er mich nach Leverkusen zu Spielen in die BayArena ein.Davor Suker // Sturm // TSV 1860 MünchenÄhnlich wie bei Thomas Häßler habe ich Davor Suker nur noch am Ende seiner Karriere als Mitspieler erlebt. Seine sportlich besten Tage lagen damals schon hinter ihm, doch er hatte immer noch eine große Aura. Zwar hatte er keinen Stammplatz mehr, hat die Rolle des Ergänzungsspielers aber voll angenommen und das Team nach besten Kräften unterstützt. Nach dem regulären Training haben wir öfter zusammen Torschüsse geübt. Es war beeindruckend, wie locker Davor die Bälle im Tor versenkt hat. Davon konnte ich mir eine Menge abschauen. Ich hätte gedacht, dass er eine Laufbahn als Trainer einschlägt, aber stattdessen ist er dem Fußball als Präsident des kroatischen Fußballverbands erhalten geblieben.Mario Gomez // Sturm // VfB StuttgartMario ist für mich einer der besten Stürmer, die wir je in Deutschland hatten. An seine sensationelle Torquote kommt kaum jemand heran. Er hat alles mitgebracht, was einen klasse Stürmer auszeichnet: Kaltschnäuzigkeit, Dynamik, Kopfballstärke, einen guten Schuss, eine kräftige Statur und den Blick für den Nebenmann. Es war unfassbar, mit welcher Selbstverständlichkeit er Tore gemacht hat.Leider wurde er nach ein paar unglücklichen Szenen bei der EURO 2008 in der Öffentlichkeit als Chancentod dargestellt. Mit der Realität hatte das aber nichts zu tun, denn er war eine Tormaschine. Mario hatte zudem das Pech, dass sein Spielertyp eine Zeit lang im modernen Fußball nicht gefragt war, Stichwort «Falsche Neun«, sonst hätte er mit Sicherheit noch den einen der anderen Torrekord aufgestellt.Karriere-Insights von Benny LauthVideo: ?Let?s get Lauth? - Tore von Goalgetter Benny LauthMein bester TrainerPeter Pacult war ein harter Hund, der konsequent seinen Weg ging. Darunter musste sicherlich der eine oder andere Spieler leiden, aber ich kann nichts Schlechtes über ihn sagen. Im Gegenteil. Wir hatten ein gutes Verhältnis. Ich habe ihm viel zu verdanken, denn er war es, der mich zu den Profis geholt und mir das Vertrauen geschenkt hat. Zwar habe ich bei ihm nichts geschenkt bekommen und musste mich hinten anstellen, bis ich meinen ersten Einsatz bekommen habe, aber er hat mir früh zu verstehen gegeben, dass er mir viel zutraut.Mein Weg zum ProfiBei den Löwen habe ich fast alle Jugendmannschaften durchlaufen und kam den Profis damit jedes Jahr einen Schritt näher. Als ich in der B-Jugend meine ersten Junioren-Länderspiele gemacht habe, hatte ich das Gefühl, dass ich es tatsächlich zu den Profis schaffen könnte. Nach der A-Jugend habe ich aber zunächst bei den Amateuren gespielt, bevor Pacult mich in den Profikader hochgezogen hat.Nachdem ich einige Monate mittrainiert hatte, hat er mich am letzten Spieltag der Saison 2001/02 im Spiel gegen Borussia Mönchengladbach zum ersten Mal eingewechselt. Das war sein Fingerzeig, dass er für die kommende Saison auf mich setzt, zumal er mir in der Sommerpause das Trikot mit der prestigeträchtigen Nummer 11 zugewiesen hat. In der nächsten Saison war ich Stammspieler und hatte meinen Durchbruch in der Bundesliga.Meine VereinswechselGerne wäre ich länger bei 1860 geblieben, doch nach dem Abstieg 2004 musste ich mich relativ plötzlich neu orientieren. Nach der Saison hatte ich konkrete Angebote vom VfB Stuttgart, dem BVB und dem HSV, wobei die guten Gespräche mit Trainer Klaus Toppmöller letztlich den Ausschlag für meinen Wechsel nach Hamburg gegeben haben.Mein Start in Hamburg verlief unglücklich, weil ich einen Mittelfußbruch mitgebracht hatte und Toppmöller relativ bald von Thomas Doll abgelöst wurde, unter dessen Führung wir uns am Ende der Saison für die Champions League qualifiziert haben. Es war eine tolle Zeit, auch wenn ich mir persönlich sportlich mehr erhofft hatte.Anfang 2007 wurde ich zur Rückrunde nach Stuttgart verliehen, wo ich mit dem Gewinn der Deutschen Meisterschaft den größten Erfolg meiner Karriere gefeiert habe. Ich wäre gerne länger beim VfB geblieben, doch der Verein wollte nach dem Einzug in die Champions League neue Stars holen. Nicht nur für mich war das unverständlich, denn wir hatten bereits eine eingespielte Truppe mit richtig guten Fußballern und einer gewachsenen Hierarchie. Ich bin mir sicher, dass es die Verantwortlichen heute anders machen würden.Zur neuen Saison bin ich zu Hannover 96 gewechselt, wo Dieter Hecking Trainer und Christian Hochstätter Manager waren. Leider hat es dort nicht so gepasst, wie der Verein und ich mir das vorgestellt haben. Als das Angebot von den Sechzigern zur Rückkehr nach München kam, hat Hannover mir keine Steine in den Weg gelegt. Bei meinem Herzensverein hatte ich persönlich sechs größtenteils erfolgreiche Jahre, auch wenn wir unser Ziel von der Rückkehr in die 1. Liga nicht erreicht haben. Das lag zu großen Teilen daran, dass es im Verein oft drunter und drüber ging, mit vielen Wechseln auf der Trainerposition, in der Führung und in der Mannschaft. Wegen der finanziellen Probleme mussten große Talente wie die Bender-Zwillinge, Kevin Volland, Moritz Leitner, Daniel Baier oder Chrstian Träsch leider verkauft werden, sodass es nicht möglich war, mit all den guten Jungs oben anzugreifen.2014 bin noch für ein Jahr zu Ferencváros Budapest gewechselt, wo Thomas Doll Trainer war, den ich noch aus Hamburg kannte. Mit dem ungarischen Pokalsieg hatte ich in einer tollen Stadt und bei einem Traditionsverein einen wunderbaren Abschluss meiner Karriere.Video: Portrait von Benjamin Lauth Meine Karriere nach der KarriereNachdem ich meine Fußballschuhe an den Nagel gehängt habe, habe ich das Sportmanagement-Studium abgeschlossen und die Trainerscheine bis zur A-Lizenz gemacht. Zudem arbeite ich für DAZN bei Fußballübertragungen als Experte. Ich kann mir vorstellen, später im Management eines Vereins zu arbeiten.Werdegang von Benjamin Lauth JahreVereinSpiele (Tore) 2002?2004TSV 1860 München61 (22) 2004-2007Hamburger SV47 (10) 2007VfB Stuttgart11 (1) 2007-2008Hannover 9621 (0) 2008-2014TSV 1860 München188 (63) 204-2015Ferencváros Budapest23 (6)

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Christian Pander

01.07.2020 00:00:00

»Dass wir die Meisterschaft 2007 knapp verpasst haben, tut mir bis heute vor allem für unsere Fans leid«, sagt Christian Pander im Rückblick auf seine Zeit bei Schalke. Wie sehr er den Königsblauen noch verbunden ist, spiegelt sich in seiner persönlichen Traumelf wider, die er aus seinen früheren Mitspielern gebildet hat. Dabei erinnert er sich an Vaterfigur Marcello Bordon, geniale No-Look-Pässe von Lincoln und die überragende Einstellung von Superstar Raúl. Außerdem verrät er, von welchen europäischen Top-Vereinen er nach seinem Traumtor im Länderspiel gegen England Anfragen erhalten hat.Die Traumelf von Christian PanderTaktische AufstellungChristian Pander über?Manuel Neuer // Torwart // Schalke 04Manu ist für mich nicht nur immer noch der beste Torwart der Welt, sondern er hat auch das Torwartspiel revolutioniert. Als er aus der Schalker Jugend zu uns ins Profi-Team kam, haben wir sofort gemerkt, was für eine große Qualität in ihm steckte. Als Trainer Mirko Slomka ihn mit gerade mal 20 Jahren zur Nummer 1 machte, hat Manu sofort gezeigt, dass er dem Druck eines Ligaspiels standhält. Bemerkenswert waren nicht nur seine Reflexe, sondern auch seine fußballerischen Qualitäten. Wenn er in den Trainingsspielen mal im Feld mitgespielt hat, war kaum ein Unterschied zu den Feldspielern zu sehen.Als Mitspieler war Manu total umgänglich und für jeden Spaß zu haben. Mit zunehmendem Alter trat er nach außen etwas bedächtiger auf, was als Kapitän von Bayern München und der Nationalmannschaft schließlich auch angemessen ist.Rafinha // Rechter Verteidiger // Schalke 04Man könnte meinen, dass die Position des Rechtsverteidigers eigens für Rafinha erschaffen worden sei. Auf dieser Position war er überragend, was vor allem an seinem Zweikampfverhalten und seinen Flankenläufen lag. Ihm ist es sogar gelungen, aus einer Schwäche eine Stärke zu machen: Mit seiner geringen Körpergröße war er im Kopfballspiel den meisten Gegenspielern zwar unterlegen, doch mit seiner Aggressivität hat er es perfektioniert, seine Gegner immerhin so sehr beim Kopfball zu stören, dass diese den Ball nicht mehr platzieren konnten. So wie ich ihn in der Kabine als Spaßvogel erlebt habe, war es kaum zu glauben, wie hart er auf dem Platz zu Werke gegangen istMarcello Bordon // Innenverteidiger // Schalke 04Vor allem für jüngere Spieler wie mich war Bordon wie eine Vaterfigur. Vielleicht gab es auf Schalke nie einen besseren Kapitän als ihn! Auch in meiner Traumelf sollte er die Binde tragen.Marcello ist der beste Innenverteidiger, mit dem ich in meiner Karriere zusammengespielt habe. Er hatte einen unfassbar harten Schuss und war ein überragender Kopfballspieler. In der Luft war er mit seiner kräftigen Statur, seiner großen Sprungkraft und seinem perfekten Timing kaum zu stoppen. Das kam mir zugute, denn bei meinen Eckbällen und Freistoßflanken war er mein Zielspieler. Damit hat er mir regelmäßig Scorerpunkte und gute Noten in die Sportzeitungen beschert. (lacht)Mladen Krstaji? // Innenverteidiger // Schalke 04Für mich als Linksverteidiger war Mladen in der Viererkette der perfekte Nebenmann. Er hat auf dem Platz einfache Sachen gemacht, spielte völlig unspektakulär, aber war im Zweikampf eine Maschine. Weil ich meine Qualitäten eher in der Offensive hatte, war er für mein Spiel absolut förderlich. Während die meisten Innenverteidiger wollen, dass an sie in der Defensive unterstützt, hatte Mladen so eine große Qualität und so ein großes Selbstbewusstsein, dass er mich regelmäßig nach vorne geschickt hat, damit ich dort meine Stärken voll ausspielen konnte.Christian Pander // Linker Verteidiger // Schalke 04Ich war weder ein großer Techniker noch ein guter Zweikämpfer, doch in der A-Jugend wurde ich von Trainer Norbert Elgert vom Linksaußen zum Linksverteidiger umfunktioniert, weil ich ein gutes Stellungsspiel hatte, ziemlich schnell war und gefährliche Flanken schlagen konnte. Ralf Rangnick hat meine Standards mal als »gefährlich wie Brandfackeln« bezeichnet. Als besonders guter Verteidiger gehe ich wahrscheinlich nicht in die Fußballgeschichte ein. Die Fans verbinden mich stattdessen eher mit meinen vielen Verletzungen oder mit meinem Tor im Länderspiel gegen England.Jermaine Jones // Defensives Mittelfeld // Schalke 04Unter Felix Magath hatten wir Spieler nicht viel zu lachen. Dass ich diese Zeit trotzdem positiv in Erinnerung habe, liegt an Jermaine. Mit ihm habe ich mir damals bei Auswärtsfahrten das Zimmer geteilt. Was kaum einer weiß: Er ist fast so talentiert wie Matze Knop darin, andere zu imitieren. Nicht nur deswegen ging es mit ihm immer lustig zu.Auf dem Platz ist Jermaine ohne Angst in jeden Zweikampf geflogen und war zudem ein Konditionswunder. Ich erinnere mich, wie er nach einer mehrmonatigen Verletzungspause sein Comeback gefeiert hatte und er in seinem ersten Spiel nach einem Eckball im Vollsprint in den gegnerischen Strafraum gelaufen ist, dort in ein hartes Duell verwickelt wurde und anschließend mit heruntergelassenen Stutzen wieder zurück nach hinten gespurtet ist. Mich hätte man schon nach dem ersten Sprint auswechseln müssen! (lacht)Levan Kobiashvili // Linkes Mittelfeld // Schalke 04Levan war ein unfassbar guter Fußballer. Mit seinem ausgezeichneten Passspiel, seiner Übersicht und seiner blitzsauberen Technik konnte er sowohl Linksverteidiger als auch im linken Mittelfeld auf höchstem Niveau spielen. Es war nicht sonderlich schnell, aber mit seiner Spielintelligenz und seiner Handlungschnelligkeit hat er dieses Manko mehr als ausgeglichen. So hat er gefährliche Situationen erkannt, bevor sie entstanden sind. Auch außerhalb des Platzes war »Kobi« mit einer ruhigen Art ein total angenehmer Zeitgenosse.Lars Stindl // Rechtes Mittelfeld // Hannover 96Lars ist ein großartiger Fußballer mit einer Passquote á la Toni Kroos. Von seiner Technik, Übersicht und Handlungsschnelligkeit können sich die meisten ein Stück abschneiden. Sowohl von der sportlichen Qualität, als auch von seiner Persönlichkeit her tut er jeder Mannschaft gut.In Hannover war Lars ein super Kapitän, der andere mitziehen konnte. Ihm ging es mit dem Amt nicht darum, nach Außen gut dazustehen, sondern er hatte nur den Erfolg und den Zusammenhalt des Teams im Sinn. Auch deswegen hatte er großen Anteil daran, dass wir damals zweimal in die Euro League eingezogen sind. Und allein schon wegen seines Traumtors bei unserem »Heimspiel« in Kopenhagen hat er seinen Platz in meiner Traumelf verdient!Video: Traumtor von Lars Stindel in der Euro League gegen KopenhagenLincoln // Offensives Mittelfeld // Schalke 04Lincoln konnte bessere No-Look-Pässe spielen als ich mit hingucken! Er ist wahrscheinlich der beste Fußballer, mit dem ich jemals zusammenspielen durfte. Während Fußball bei jemanden wie Thomas Müller eher nach Arbeit aussieht, hatte Lincoln eine unfassbare Leichtigkeit in seinem Spiel. Er hatte so eine gute Ballkontrolle, dass der Ball ihm zu gehorchen schien.Nach dem Training haben wir beide oft noch Freistöße geübt. Einerseits war es für mich bewundernswert und andererseits frustrierend, mit welcher Selbstverständlichkeit er fast jeden Ball im Winkel versenkt hat.In der Defensive hat Lincoln sich zwar nicht übermäßig ins Zeug gelegt, aber als Spielmacher war er für uns wahnsinnig wichtig, denn er war ein »Unterschiedspieler«. Ich bin mir sicher: Wäre er 2007 kurz vor Saisonende nicht wegen einer Roten Karte gesperrt gewesen, hätten wir die nötigen Punkte für die Meisterschaft geholt!Gerald Asamoah // Sturm // Schalke 04Während meiner Zeit auf Schalke habe ich weiterhin in meiner Heimat Münster gewohnt, sodass ich relativ selten etwas mit den Teamkollegen unternommen habe. »Asa« bildete da jedoch eine Ausnahme. In unserem Kader war er einer der wichtigsten Bezugspersonen für mich. Seine gute Laune war ansteckend: Egal ob wir ein Spiel verloren hatten oder das Wetter lausig kalt war, Asa kam stets mit guter Laune zum Training. Selbst wenn ich ihm mal vorgehalten habe, dass er im WM-Finale 2002 gegen Ronaldo einen Tick zu spät kam, konnte das seine Laune nicht trüben. (lacht)Die Spielweise von Asa passte zu Schalke wie Arsch auf Eimer. Er hat Fußball gearbeitet und seinen Körper überall reingeworfen. Das kam wiederum mir entgegen, weil er dadurch ständig Freistöße rausgeholt hat, sodass ich wiederum die Bälle gefährlich vor das Tor schlagen konnte.Raúl // Sturm // Schalke 04Raúl kam 2010 überraschend von Real Madrid zu uns. Er hatte damals mehr Tore in der Königsklasse geschossen, als unser restlicher Kader Champions-League-Spiele absolviert hatte. Fußballerisch war Raúl genial, vor allem hatte er ein untrügliches Gefühl für Raum und Zeit. Er hatte es gar nicht nötig, hart zu schießen, sondern konnte den Ball von überall im Strafraum locker im Tor versenken, sobald sich ihm eine Schussgelegenheit auftat. Schade, dass Lincoln und Raúl nie zusammen in einer Mannschaft gespielt haben, das wäre für jeden Schalker ein Traum gewesen!Bei Felix Magath hatte Raúl einer Ausnahmestellung und daher die Erlaubnis, Trainingseinheiten auszusetzen. Das hat er aber nicht ein einziges Mal ausgenutzt, sondern hat jede Einheit voll durchgezogen, selbst wenn sie noch so anstrengend war! Dass sich jemand mit so einer Vita zum Ende seiner Karriere noch so reingehängt hat, ist nicht selbstverständlich. Raúl hat auch nie den Star heraushängen lassen. Wie professionell, vorbildlich und mannschaftsdienlich er sich verhalten hat, kann man ihm gar nicht hoch genug anrechnen. Nebenbei hat er mir damit gezeigt, dass am Erfolg immer auch harte Arbeit hängt. Ganz nach dem Motto von Felix Magath: »Qualität kommt von Qual!«Karriere-Insights von Christian PanderMeine besten TrainerIn der Schalker Jugend habe ich nur ein Jahr unter Norbert Elgert trainiert, habe in der Zeit aber mehr gelernt als in den zehn Jahren vorher. obwohl ich zu Beginn der Saison nicht annähernd wusste, wie man in der Viererkette verteidigt, hat er es in weniger als 9 Monaten geschafft, mich von einem halbwegs guten Linksaußen zu einem linken Verteidiger umfunktionieren. Fast unglaublich, dass ich danach in der Lage war, Linksverteidiger in der 1. Bundesliga zu spielen! Was für ein außergewöhnlich guter Ausbilder von jungen Spielern er ist, hat er nicht nur bei mir, sondern auch schon bei Mesut Özil, Leroy Sané, Julian Draxler, Benedikt Höwedes, Sead Kolasinac, Manuel Neuer und noch vielen unter Beweis gestellt.Im Profi-Bereich war Mirko Slomka mein wichtigster Trainer. Nachdem Ralf Rangnick Ende 2005 aufgrund seiner Ehrenrunde vor dem Spiel gegen Mainz 05 kurzfristig entlassen wurde, ist Slomka überraschend vom Co- zum Chef-Trainer befördert worden. Leider haben wir den Meistertitel 2007 unter seiner Führung knapp verpasst. Wenn wir damals Deutscher Meister geworden wären, würde heute wahrscheinlich ein Mirko-Slomka-Denkmal in Gelsenkirchen stehen.2011 haben sich unserer Wege erneut gekreuzt, als Slomka mich zu Hannover 96 geholt hat. Auch dort hat er gezeigt, was für ein guter Trainer er ist, als wir uns unter seiner Führung zweimal für die Euro League qualifiziert haben. Für den Verein war es die erfolgreichste Phase der letzten Jahrzehnte.Mein Weg zum ProfiIn der Jugend war ich alles andere als ein Überflieger, habe in Jahr B-Jugend von Preußen Münster zunächst sogar nur in der 2. Mannschaft gespielt. Nachdem ich dort aber einen Sprung nach vorne gemacht hatte, bin in die A-Jugend von Schalke gewechselt. Parallel dazu habe ich eine Ausbildung zum Groß- und Außenhandelskaufmann begonnen. Damals habe ich von 7 bis 16 Uhr gearbeitet, bin dann zum Training und war erst um 21 Uhr wieder Zuhause. Das war eine harte Zeit, aber ich möchte sie nicht missen, denn dadurch ist mir bewusst geworden, was für ein Privileg es ist, Fußball-Profi sein zu dürfen.Als Schalke mir einen Profivertrag angeboten hat und ich somit meinen Fuß in der Tür zum Profifußball hatte, habe ich trotz Bedenken meiner Mutter die Ausbildung abgebrochen und alles auf die Karte Fußball gesetzt. Ich wollte mir später nicht vorwerfen, es nicht zumindest versucht zu haben.Bei den Profis war ich von Beginn an im Kader, doch aufgrund einer langen Verletzung kam ich erst in meiner zweiten Saison im Alter von 20 Jahren zu meinem ersten Einsatz bei den Profis. Mein 1. Bundesligaspiel ist nicht nur mir noch in bester Erinnerung, sondern vermutlich halb Fußball-Deutschland: Es war das Eröffnungsspiel der Saison 2004/2005, als im Bremer Weserstadion das Flutlicht ausgefallen ist und die Partie erst mit einer Stunde Verzögerung beginnen konnte. Als ich zum ersten Mal Bundesligaluft geschnuppert hatte, wusste ich, dass ich meinen Platz nicht mehr freiwillig räumen würde.Meine VerletzungsanfälligkeitMeine vielen Verletzungen gehören leider zu meiner Karriere dazu. Mein Körper war durchaus für den Profi-Fußball gemacht, schließlich hatte ich so gut wie nie die typischen Fußballermalaisen wie Muskelfaserrisse oder Muskelbeschwerden. Der ganze Schlamassel begann 2005 mit einem Zweikampf mit Andreas Hinkel. Er ist so unglücklich auf mein Bein gefallen, dass dabei unter anderem mein Kreuzband, Innenband und Meniskus schwer mit Mitleidenschaft gezogen wurden. Ein sehr erfahrener Arzt meinte damals, dass er so etwas in dieser Komplexität nie zuvor gesehen hat. Einige Ärzte hatten mir bereits geraten, mich mit einem vorzeitigen Karriereende zu beschäftigen. Aber für mich stand außer Frage, dass es das schon gewesen sein sollte. Nach langer Suche habe ich schließlich einen Arzt gefunden, der davon überzeugt war, mich wieder hinzukriegen!Ich meiner gesamten Karriere hatte ich insgesamt sechs Knie-Operationen, die alle auf diese erste schwere Verletzung zurückzuführen waren, denn das Knie war seitdem meine Schwachstelle. Heute bin ich wahnsinnig dankbar, dass ich trotzdem bis 32 Jahren spielen und weit über 150 Partien auf höchstem Niveau machen konnte.Die verpasste Meisterschaft mit Schalke 2007Nach der »Meisterschaft der Herzen« im Jahr 2001 war Schalke nie wieder so nah dran am Titel wie in der Saison 2006/07. Leider haben wir am vorletzten Spieltag beim BVB die entscheidenden drei Punkte liegen lassen. Dass wir die Meisterschale nicht erringen konnten, ärgert mich gar nicht so sehr für mich persönlich, sondern vielmehr für unsere Fans und die ganze Region! Unsere Anhänger leben den FC Schalke 04 und würden ihr letztes Hemd für den Verein geben. Es tut mir bis heute leid, dass wir ihnen den Titel nicht schenken konnten. Sie hätten es mehr als verdient gehabt!Mein Traumtor gegen England2007 habe ich beim Länderspiel im Wembley-Stadion gegen England mein Debüt in der Nationalmannschaft gefeiert. Auch wegen meines Siegtors zum 2:1, dass zum »Tor des Monats« gewählt wurde, zählt das Spiel zu den Highlights meiner Karriere.Video: Siegtor von Christian Pander zum 2:1 gegen EnglandNach dem Spiel ist wahnsinnig viel passiert. Ich wurde von Presseanfragen überhäuft und bekam auf einmal über teils windige Berater diverse Anfragen, unter anderem von Real Madrid und Juventus Turin. Ein Wechsel stand für mich aber überhaupt nicht zur Debatte. Zum einen hatte ich meinen Vertrag erst kurz vorher verlängert und zum anderen war und ist Schalke mein Herzensverein. Hier fühlte ich mich verdammt wohl und konnte weiter mein Ding machen. Ich war nie jemand, der die Öffentlichkeit gesucht hat, sondern wollte einfach nur Fußballspielen, aber nicht ständig darüber reden oder im Mittelpunkt stehen. Daher war es auch Kalkül von mir, in der Presse vor allem über meine Leidenschaft für Hip-Hop und meine eigene Musik zu reden, um weniger über alle anderen Themen sprechen zu müssen.Meine zweite KarriereNachdem meine aktive Karriere 2015 zu Ende ging, habe ich zunächst ein Sportmanagement-Studium abgeschlossen. Das hat mir allerdings nur bedingt zugesagt, sodass ich etwas anderes machen wollte. Über meine gute Bekanntschaft zu Sharon Paschke, der schon seit vielen Jahren im Bereich Coaching und Mentoring tätig ist, bin ich auf das Thema Sportmentoring gekommen. Im Zuge dessen haben wir die Firma KOMPASS Sportmentoring gegründet und ich habe eine Weiterbildung zum Sport- und Mentaltrainer absolviert. Seit 2019 begleite ich nun Profisportler und Nachwuchstalente im Bereich Mentaltraining. Damit konnte ich zum zweiten Mal mein Hobby zum Beruf machen!Wir betreuen nicht nur Sportler, sondern auch Unternehmer und haben zudem mit »MentaleticKids« ein Online-Kurs für Kinder und Jugendliche entwickelt, um sie mental zu stärken, ihnen Prüfungsangst zu nehmen und ihnen Selbstbewusstsein zu vermitteln. Als Vater von drei Kindern liegt mir das besonders am Herzen.Werdegang von Christian Pander JahreVereinSpiele (Tore) 2004?2011FC Schalke 0478 (5) 2011-2015Hannover 9663 (2)

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Thorsten Stuckmann

18.06.2020 00:00:00

Publikumsliebling bei Eintracht Braunschweig, ausgemustert bei Alemannia Aachen und Elfmeterkiller in England. Die Karriere von Thorsten Stuckmann verlief nicht immer gradlinig, aber klang mit einem Happy End aus. Hier stellt »Stucki« seine Traumelf aus seinen früheren Teamkameraden vor und erinnert sich an raue Sitten auf der Insel, Halbzeitansagen von Matze Lehmann und den dicken Hintern von Benjamin Auer. Außerdem verrät er, was Friedhelm Funkel der neuen Trainergeneration voraus hat.Die Traumelf von Thorsten StuckmannTaktische AufstellungThorsten Stuckmann über?Declan Rudd // Torwart // Preston North EndIn Preston war ich etwa zweieinhalb Jahre die Nummer 1 und habe gute Leistungen abgeliefert, wurde von den Fans sogar einmal zum ?Spieler das Jahres? gewählt, als mir urplötzlich ein junger Torwart vor die Nase gesetzt wurde. Der Verein hatte in der Winterpause mit Declan Rudd einfach einen neuen jungen Keeper von Norwich City ausgeliehen, den der Trainer sofort ins Tor gestellt hat.Erst war ich enttäuscht, doch auf Declan konnte ich nicht böse sein, zumal wir uns super verstanden haben. Außerdem gebe ich gerne zu, dass er mit Anfang 20 schon ein richtig guter Torwart und für sein Alter verdammt weit war. Athletik, Stellungsspiel, Spielverständnis, Übersicht ? er war ein kompletter Torwart. Und anders als der eine oder andere englische Jungprofi war Declan sehr professionell und hat akribisch an seiner Karriere gearbeitet. Er hat keine wilden Partys gefeiert und ist irgendwann sogar Veganer geworden, um über die Ernährung noch das letzte Prozent aus sich herauszukitzeln.In meiner Traumelf nominiere ich Alexander Kunze als Ersatztorwart, weil ich von ihm als Torwart und vor allem als Mensch sehr viel haben lernen dürfen. Er hat mir gezeigt, wie sich eine Nummer 2 gegenüber dem Stammtorwart und dem Team verhalten sollte. Nachdem ich ihn in Braunschweig im Tor abgelöst habe, hat er mich klaglos und zu 100 Prozent unterstützt. Wenn ich einen Fehler gemacht habe, war er der Erste, der mir danach gut zugesprochen hat. Das war vorbildlich und so habe ich es später selbst gehandhabt, wenn ich ins zweite Glied zurückversetzt wurde.Scott Laird // Linker Verteidiger // Preston North EndScott war in Preston mein Nachbar und mein bester Freund. Er hat mir die Integration in England sehr erleichtert und war immer da, wenn ich mal Hilfe brauchte.Als wir im FA-Cup gegen Manchester City gespielt haben, hat er uns 1:0 in Führung geschossen und uns von der Sensation träumen lassen. Leider haben wir noch mit 1:3 verloren, doch das Spiel war eins der Highlights meiner Karriere. Und für Scott hatte es sich auch gelohnt: Seit der Jugend hat er von seiner Oma für jedes Tor zur Belohnung 1 Pfund bekommen. So auch nach dem Spiel gegen ManU. Anständig, wie er war, hat er seine Oma nach dem Spiel auch übers Fernsehen gegrüßt.Bailey Wright // Innenverteidiger // PrestonBailey kam in Preston frisch aus der Jugend und war auf dem Weg zum Stammspieler, als wir einen neuen Trainer bekamen, der alle Spieler loswerden wollte, die er nicht selbst verpflichtet hatte. Ich war der Einzige, der davon verschont blieb, was vermutlich daran lag, dass ich in der Vorsaison von den Fans zum »Spieler des Jahres« gewählt wurde und er es sich nicht mit den Anhängern verscherzen wollte.Wer sich seinem Willen des Trainers widersetzte, wurde schlecht behandelt. Doch Bailey hatte als 19-Jähriger den Mumm, einen Transfer zu verweigern und auf seinen Vertrag zu pochen. Er kam ein paar Jahre vorher als Jugendlicher ganz allein aus Australien nach England und stand kurz davor, sich bei seinem Herzensverein durchzusetzen. Das wollte er nicht aufgeben. Die Geschichte hatte tatsächlich ein Happy End: Er wurde bei uns zum absoluten Stammspieler und ist 2014 sogar als Nationalspieler mit Australien zur WM nach Brasilien gefahren.Im Team war Bailey hoch angesehen, weil er als Typ charakterlich überragend und auf dem Platz ein kompromissloser Leader war, der für seine Mannschaftskollegen durchs Feuer gegangen ist.Andre Hoffmann // Innenverteidiger // Fortuna DüsseldorfFür einen Torwart war Andre ein dankbarer Spieler, weil er in der Abwehr keine wilden Sachen gemacht hat, sondern einen ganz soliden Ball gespielt hat. Herausragend war sein Kopfballspiel. Hinten hat er damit gefährliche Situationen entschärft und vorne ganz wichtige Tore erzielt, die zu unserem Aufstieg in die 1. Bundesliga beigetragen haben. Außerdem steht »Hoffi« in meiner Traumelf, weil er der absolute Lieblingsspieler meines kleinen Sohnes ist!Finn Holsing // Rechter Verteidiger // Eintracht BraunschweigWir haben zwar nur zwei Jahre zusammengespielt, doch bis heute ist Finn mein bester Freund im Fußball. In Braunschweig waren wir unzertrennlich. Wir haben uns bei Auswärtsspielen nicht nur das Zimmer geteilt, sondern haben auch außerhalb des Fußballs viel unternommen. Ich könnte eine Menge Geschichten erzählen, doch die sind nicht für die Öffentlichkeit bestimmt. (lacht) Sportlich imponiert hat mir vor allem seine Einstellung: Unter Trainer Michael Krüger hat er zwar nicht immer gespielt, aber sobald er auf dem Rasen stand, hat er 150 Prozent gegeben. Genauso viel Leidenschaft hat er übrigens auch in die Pflege seiner Fußballschuhe gesteckt!Matthias Lehmann // Defensives Mittelfeld // Alemannia AachenMeine erste Begegnung mit Matze war in einem Zweitligaspiel von Eintracht Braunschweig gegen den TSV 1860 München, als ich einen Elfmeter von ihm gehalten habe, er aber cool geblieben ist und mir den Nachschuss unbeeindruckt mit voller Wucht um die Ohren ins Netz gehauen hat.In Aachen war Matze unser Kapitän und absoluter Leader. Ich erinnere mich noch gut an ein Spiel gegen Mainz 05, als wir zur Halbzeit zurücklagen und unser Trainer Jürgen Seeberger in der Kabine keine richtige Idee hatte, wie wir die Mainzer packen können. Dann hat Matze einfach das Wort ergriffen und hat uns an der Taktiktafel erklärt, wie wir in der 2. Halbzeit spielen sollen. Wir sind mit seiner Marschroute zurück auf den Platz und haben das Spiel noch gewonnen!Florian Neuhaus // Rechtes Mittelfeld // Fortuna DüsseldorfWenn Flo nicht Nationalspieler wird, dann habe ich keine Ahnung von Fußball! Er ist der beste Spieler, mit dem ich in meiner Karriere zusammen in einem Team stand. Mit welcher Leichtigkeit und Coolness er Fußball spielt, ist der Wahnsinn. Selbst wenn er von drei Gegnern bedrängt wurde, hat er die Ruhe bewahrt. Er war aus Gladbach an Düsseldorf ausgeliehen und hatte mit seinen Leistungen maßgeblichen Anteil an unserem Aufstieg, nicht nur durch sein Tor und seine Vorlage, als wir bei Dynamo Dresden den Aufstieg in die 1. Liga perfekt gemacht haben. Auch bei der anschließenden Party war Flo dann ganz vorne mit dabei!Josh Brownhill // Linkes Mittelfeld // Preston North EndJosh kam aus der Jugend in unser Profi-Team und war ein typischer Box-to-Box-Player: immer unterwegs, anspielbereit und mit guten Ideen. Er war ein guter Typ, doch einmal sind wir aneinander geraten.Als Torwart konnte ich es nicht leiden, wenn die Stürmer den Ball im Training über mich rüberlupfen wollten. Er war neu im Team und wusste das nicht, doch die anderen Mitspieler haben ihm eingeredet, dass er das bei mir versuchen soll. Sein Versuch ging schief und ich habe seinen Ball über Trainingsgelände gehauen. Nach dem Training habe ich ihn noch am Schlafittchen gepackt und ihm solche Aktionen zukünftig verboten? Die anderen Jungs in der Kabine haben herzlich gelacht. Auf der Insel sind die Sitten etwas rauer.Doch die Geschichte geht noch weiter: Am nächsten Spieltag habe ich gesehen, dass der gegnerische Torwart immer weit vor seinem Kasten stand. In der Halbzeit habe ich Josh darauf hingewiesen und ihm die Erlaubnis zum Lupfen gegeben. Und tatsächlich hat er damit in dem Spiel noch ein Tor gemacht und kam danach direkt in meine Arme gelaufen.James Coppinger // Offensives Mittelfeld // Doncester RoversIn Doncester ist James eine lebende Legende! Ich habe nur ein Jahr mit ihm zusammengespielt, aber in der Saison hat er mich nachhaltig beeindruckt. Ich habe in meiner ganzen Karriere keinen Spieler kennengelernt, der professioneller war als er: James war immer schon eine Stunde vor dem Training da und hat Extraschichten geschoben. Zu meiner Zeit in Doncester war er schon Mitte 30, aber war immer der fitteste im Team. Im Spiel war er ein Leader, ist 90 Minuten wie ein junger Gott marschiert und hat das Spiel mit seiner ganzen Erfahrung gelenkt. Mit fast 40 Jahren steht James immer noch für die Rovers auf dem Platz!Jo Garner // Sturm // Preston North EndDas absolute Gegenteil von James war Jo Garner! Ein absoluter Chaot, der nichts als Unsinn im Kopf hatte. Ein britischer Fußballer in der Tradition von George Best: Bei ihm drehte sich alles um Fußball, Frauen, Alkohol und Pferdewetten. Der Rest war ihm scheißegal.Seine Karriere schien schon fast zu Ende zu sein, bevor sie angefangen hatte, doch unser neuer Trainer hatte ihn in die Spur bekommen. Unter ihm ist Jo explodiert, sodass er zu einem Garant für unseren Aufstieg in die 2. Liga wurde. Dabei hat er im Spiel genauso viel Gas gegeben, wie an der Theke. Außerdem hat Jo in unserer Aufstiegsrunde eines der schönsten Tore geschossen, die ich je gesehen habe.Video: Traumtor von Jo GarnerBenjamin Auer // Sturm // Alemannia AachenBenny ist für mich der Prototyp eines Strafraumstürmers. Im Training habe ich ihn gerne in meinem Team gehabt, weil man ihn problemlos lang anspielen und der den Ball behaupten konnte, aber als Gegenspieler hat er mich ohne Ende genervt. Im Strafraum war er schwer vom Ball zu trennen, hat seine Gegenspieler mit seinem dicken Hintern auf Abstand gehalten, sich Platz verschafft und dann eiskalt abgeschlossen.Nach dem Training wollte er oft noch Extraschichten schieben und Torschüsse üben. Dabei hat er mich mit seiner Abschlussstärke zur Verzweiflung gebracht. In der 2. Liga hat er alles kurz und klein geschossen, aber in er 1. Liga kam er nicht richtig zum Zug. Das Schicksal teilt er mit Marius Ebbers oder Simon Terodde.Meine ErsatzbankAndreas Kunze // Torwart // Eintracht Braunschweig Kaan Ayhan // Abwehr Fortuna Düsseldorf Marco Höger // Abwehr // Alemannia Aachen Daniel Graf // Mittelfeld // Eintracht Braunschweig Lewis Holtby // Mittelfeld // Alemannia Aachen Rouven Hennings // Sturm // Fortuna Düsseldorf Marek Lesniak // Sturm // Preußen MünsterKarriere-Insights von Thorsten StuckmannVideo: Glanzparaden von Thorsten StuckmannMein bester TrainerIch habe in der Saison 2016/17 zum Abschluss meiner Karriere in Düsseldorf noch unter Friedhelm Funkel gespielt. Wie er das Team geführt hat, wie er jeden Einzelnen eingebunden und wie er seine Ansprachen gehalten hat, war überragend. Er hat uns zu einem eingeschworenen Haufen geformt und es geschafft, dass sich jeder in den Dienst der Mannschaft gestellt. Umgekehrt haben wir ihm blind vertraut. Ich glaube nicht, dass wir ohne Funkel in die 1. Bundesliga aufgestiegen wären. Die neue Trainergeneration ist super ausgebildet und hat eine ausgeklügelte Trainingslehre drauf, aber Friedhelm ist das beste Beispiel dafür, dass die Erfahrung und das Zwischenmenschliche mindestens genauso wichtig sind.Mein Weg zum ProfiAls Kind habe ich wie fast jeder kleine Junge davon geträumt, Fußballprofi zu werden. Mein Zwillingsbruder und ich haben den ganzen Tag Fußball gespielt. Ich habe meinem Vater nachgeeifert, der früher selbst Torwart war. In der C-Jugend hatte mein Bruder ein Angebot von der SpVg Beckum, doch mein Vater sagte, dass es seine Söhne nur im Doppelpack gäbe. In Beckum habe ich dann so gut gehalten, dass ich in der B-Jugend ein Angebot vom FC Gütersloh bekommen habe.Als A-Jugendlicher durfte ich dort regelmäßig bei den Profis mittrainieren, wo Rob Reekers Coach war. Ich bekam schließlich sogar einen Profi-Vertrag als 3. Torwart, doch nur einen Monat später wurde der Verein insolvent und mein Vertrag war hinfällig. Da habe ich meine Karriere schon beendet gesehen, doch nach mehreren Probetrainings, unter anderem beim HSV und beim SC Verl, bin ich schließlich bei Preußen Münster gelandet, sodass mein Weg im Profifußball doch noch weiterging.Meine VereinswechselNach meinem Wechsel mit 19 Jahren zu Preußen Münster habe ich dort recht schnell Stammtorwart Michael Melka verdrängt und durfte 2001 unter Trainer Uli Stielike als 3. Torwart mit zur U-20 WM nach Argentinien. Mit dabei waren unter anderem Tom Starke, Andreas Hinkel, Hanno Balitsch, Jermaine Jones und Christian Tiffert.2003 bin ich zu Eintracht Braunschweig gewechselt, um den nächsten Schritt zu machen. Dort wurde ich zwar zunächst nur als Nummer 2 verpflichtet, doch ich war mir sicher, dass ich mich dort durchsetzen würde. Mein erstes Pflichtspiel für die Eintracht war der perfekte Einstand: Im DFB-Pokal im Derby gegen den großen Rivalen Hannover 96 haben wir 2:1 gewonnen. Die vier Jahre in Braunschweig waren die sportlich schönste Zeit meiner Karriere mit dem Aufstieg in die 2. Liga als absolutes Highlight. Wir haben tagelang gefeiert! Zudem hatte ich einen super Draht zu den Fans.Doch als mir Aachen-Manager Jörg Schmadtke nach dem Abstieg mit dem BTSV in die 3. Liga ein Angebot gemacht hatte, war mein Plan mich dort durchzusetzen und mit der Alemannia in die 1. Liga aufzusteigen. Im Tor gab es einen Dreikampf mit Stefan Straub, Kristian Nicht und mir, wo ich mich schließlich durchsetzen konnte, auch wenn in meinem ersten Spiel gegen den TuS Koblenz in der 44. Minute mit einer Roten Karte vom Platz geflogen bin. Der anvisierte Aufstieg hat aber nicht geklappt, auch wenn wir einmal nur knapp gescheitert sind. In meinem letzten Jahr bin ich wegen Verletzungen fast komplett ausgefallen und in der Zwischenzeit wurde Peter Hyballa neuer Trainer. Er hat konsequent auf junge Spieler gesetzt, weshalb mein Vertrag nicht verlängert wurde.2011 war der Torwartmarkt in Deutschland zu, sodass ich mich auch im Ausland umgeschaut habe. Fast wäre ich bei Leeds United gelandet, doch im Probetraining hat mein Konkurrent Kaspar Schmeichel den Torwarttrainer vor allem mit seinen langen Abschlägen bis zum gegnerischen Strafraum beeindruckt, sodass sie sich letztlich für ihn entschieden haben. Nach einigem Hin und Her habe ich schließlich einen Vertrag in England bei Preston North End in der 3. Liga unterschrieben. Dort haben ich mir gleich im ersten Spiel den Ruf eines Elfmeterkillers erarbeitet, als ich im Elfmeterschießen drei Dinger gehalten habe. Insgesamt habe ich in England rund 50 Prozent der Strafstöße gehalten, womit ich in England die Legende der Stärke der Deutschen im Elfmeterschießen weiter befeuern konnte. Was als kurzes Auslandsabenteuer in Preston geplant war, wurden vier wundervolle Jahre, inklusive Aufstieg in die 2. Liga mit dem Endspiel im legendären Wembleystadion.Als meine Zeit in Preston zu Ende ging, habe ich mich den Docenster Rovers angeschlossen, wo es sportlich allerdings nicht so lief und wir abgestiegen sind. Danach habe ich mir noch einen Traum von der 1. Liga erfüllt und bin in die Scottish Premier League zu Partick Thistle gewechselt, wo ich als kurzfristigen Ersatz für einen verletzten Stammtorwart verpflichtet wurde und so die Gelegenheit hatte, gegen Celtic Glasgow und die Glasgow Ranges zu spielen. Das sind geile Erinnerungen!Meine Frau und ich wollten zurück nach Deutschland, sind aber noch ein halbes in beim FC Chesterfield in England geblieben, damit mein ältester Sohn nicht während des Schuljahres wechseln musste.In Deutschland war ich 2017 komplett weg vom Radar und weil die letzten beiden Jahre in England mit meinen Teams nicht gerade von Erfolg gekrönt waren, wollte ich meine Torwarthandschuhe schon an den Nagel hängen. Doch wie aus dem Nichts rief mich Fortuna-Scout Christian Weber an, um mich als erfahrenen Mann für die U23-Mannschaft von Düsseldorf zu verpflichten. Infolge der Verletzungsmisere bei den Fortuna-Torhütern wurde ich nach drei Monaten für den Rest der Saison als Ersatztorwart von Rafael Wolf in die erste Mannschaft hochgezogen. So durfte ich den Aufstieg in die 1. Bundesliga in einem Team mit einem überragendem Mannschaftsgeist aus erster Hand miterleben. Das war der perfekte Abschluss meiner Karriere!Wenn ich zurückblicke, wie ich es aus dem beschaulichen Gütersloh bis in die weite Fußballwelt geschafft habe und welch großartigen Momente ich meinen fast 20 Jahren im Fußball-Business erleben durfte, bin ich mit meiner Karriere voll und ganz zufriedenMeine Karriere nach der KarriereDie Gefahr, nach meiner Karriere in ein Loch zu fallen, bestand bei mir nicht. Zum einen habe ich das Studium zum Sportfachwirt begonnen und zum anderen bin seit April 2020 Teambetreuer bei der Vereinigung Deutscher Vertragsfußballer (VDV). Außerdem kommentiere ich als Experte für die DFL in englischer Sprache Bundesligaspiele, die dann als Komplettpaket mit Kommentar international vermarktet werden. Last but not least unterstütze ich meine Frau in ihrer Firma Lieblingstrikot, über die Fans, Spieler, Vereine und Sponsoren eine professionelle Berahmung von Trikots vornehmen lassen können.Werdegang von Thorsten Stuckmann JahreVereinSpiele (Tore) 2000?2003Preußen Münster74 (0) 2003-2007Eintracht Braunschweig125 (0) 2007-2011Alemannia Aachen82 (0) 2011-2015Preston North End57 (0) 2015-2016Doncaster Rovers36 (0) 2016-2017Patrick Thistle5 (0) 2017FC Chesterfield15 (0) 2017-2018Fortuna Düsseldorf0 (0)

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Willi Lemke

29.05.2020 00:00:00

In seinen 17 Jahren als Manager von Werder Bremen hat Willi Lemke große Erfolge gefeiert und unzählige Spieler verpflichtet. Hier blickt er auf seine Zeit an der Weser zurück und bildet dabei seine Traumelf aus seinen wichtigsten und erfolgreichsten Transfers. Dabei erinnert er sich an Hahnenkämpfe zwischen Andy Herzog und Torsten Frings, das größte Schnäppchen in der Geschichte des Vereins sowie an eine eklatante Fehleinschätzung von Felix Magath. Außerdem spricht er über die Zusammenarbeit mit Trainer-Legende Otto Rehhagel und dessen besondere Rolle für den ganzen Verein.Die Traumelf von Willi LemkeTaktische AufstellungWilli Lemke über?Oliver Reck // TorwartOliver Reck war ein erstklassiger Torwart, wurde aber leider in der Öffentlichkeit unterschätzt. Er ist der erfolgreichste Torhüter unserer Vereinsgeschichte und war über zehn Jahre lang ein ganz wichtiger Rückhalt unserer Mannschaft.Leider hat sein Image darunter gelitten, dass er nach einer unglücklichen Aktion, bei dem der Ball vom Pfosten an seinen den Kopf und von dort ins Tor kullerte, von einer großen deutschen Boulevard-Zeitung als »Pannen-Olli« tituliert wurde. Das hat mich total wütend gemacht! Schließlich gibt es keinen Torwart, der fehlerfrei ist, wenn ich zum Beispiel an Oliver Kahn denke, der bei unserem großartigen Sieg 2004 im Olympiastadion Ivan Klasnic auf allen Vierer hinterher gekrabbelt ist. Doch Olli Reck hatte das nötige Selbstvertrauen, um sich von solchen Überschriften nicht aus dem Konzept bringen zu lassen und seine Leistung konstant abzurufen.Marco Bode // Linker VerteidigerÜber ein Jahrzehnt hat Marco Bode bei uns einen feinen, schnellen Fußball gezeigt und in der Zeit viele wichtige Tore für uns geschossen. Mit seinen 101 Treffern steht er auf Platz 2 der ewigen Torschützenliste von Werder. Vom Außenverteidiger bis zum Stürmer konnte er alles spielen und hat sich immer in den Dienst der Mannschaft gestellt. Außerdem ist er ein außergewöhnlich fairer Spieler gewesen. Seine Gelben Karten kann man gefühlt an einer Hand abzählen.Darüber hinaus hat Marco der Mannschaft mit seinem positiven und einwandfreien Charakter sehr gutgetan. Anders als von dem einen oder anderen Fußballer gab es bei Marco nie Skandale oder andere Auffälligkeiten. Marco ist uns immer treu geblieben und ein Vorzeige-Werderaner. Ich bin froh, dass er heute bei uns als Aufsichtsratsvorsitzender in der Führungsriege von Werder sitzt.Rune Bratseth // InnenverteidigerRune Brathseth ist einer der besten Spieler in der Geschichte von Werder Bremen. Er hatte für einen Verteidiger eine außergewöhnlich gute Technik, war enorm kopfballstark und unglaublich schnell. Dank seiner Schnelligkeit konnte er jeden Stürmer einholen oder ablaufen und hat sie dann mit einer Leichtigkeit fair vom Ball getrennt.Es war einer der besten Transfers, die ich für Werder eingetütet habe und zudem ein echtes Schnäppchen. Ich erinnere mich noch gut an die Verhandlungen im Jahr 1986 mit den Vertretern von Rosenberg Trondheim. Vorstand, Manager und Juristen ? ich saß einer großen Gruppe gegenüber. Die wollten das drei- oder vierfache von dem, was ich zu zahlen bereit war. Doch ich war bestens vorbereitet und hatte im Vorfeld auch schon alles mit Rune besprochen, sodass ich mich letztlich mit meinen Vorstellungen durchsetzen konnte. Aber natürlich wäre für einen Spieler seiner Klasse eine weitaus höhere Ablösesumme absolut gerechtfertigt gewesen.Bruno Pezzey // InnenverteidigerBruno Pezzey kam 1983 von Eintracht Frankfurt zu uns und wurde schnell ein absoluter Führungsspieler. Mit seiner körperlichen Präsenz, Zweikampfstärke und großen Gelassenheit war er ein großer Stabilisator unserer Defensive. Innerhalb des Teams war Bruno eine Stimmungskanone, ohne albern oder ein Kaspar zu sein. Mit seinem trockenen Humor und guten Sprüchen hat er uns regelmäßig herzlich zum Lachen gebracht.Die Nachricht seines plötzlichen Herztods bei einem Eishockeyspiel Ende 1994 mit nur 39 Jahren hat uns alle sehr traurig gemacht. Bruno steht auch deswegen in meiner Traumelf, weil ich oft und gerne an ihn zurückdenke.Günter Hermann // Rechter VerteidigerGünter Hermann war ein glänzender Spieler und stand 1990 zu Recht im WM-Kader, war allerdings nie der Liebling der Medien. In der Abwehr und im Mittelfeld hat er hervorragende Leistungen gezeigt und traumhafte Treffer für uns erzielt. Sein Tor in den Winkel bei unserem legendären 5:0-Sieg, dem »Wunder von der Weser« im Jahr 1988 gegen Dynamo Berlin, habe ich heute noch vor Augen.Video: Günter Herrmann trifft zum 2:0 gegen Dynamo BerlinDieter Eilts // Defensives MittelfeldDieter Eilts kam 1984 als 19-Jähriger zu uns und beendete seine Karriere 2002 als Werder-Legende. Didi war unser Mr. Zuverlässig und ein Führungsspieler mit einem klaren Kopf. Er hatte maßgeblichen Anteil an unseren großen Erfolgen und ist daher aus meiner Traumelf nicht wegzudenken. Nicht nur für Werder hat unser Ehrenspielführer immer wieder aufs Neue erstklassige Leistungen abgeliefert, sondern auch beim EM-Sieg der Deutschen Nationalmannschaft 1996 in England. Heute arbeitet er mit großem Engagement in Bremen an einer Schule.Torsten Frings // Defensives MittelfeldThorsten Frings haben wir 1997 aus Aachen zu uns geholt. Unsere Hoffnungen in ihn haben sich voll erfüllt. Er hat sich bei uns zum Leader entwickelt und wurde auch in der Nationalmannschaft zum unumstrittenen Stammspieler.Torsten strotze von Anfang an vor Selbstbewusstsein und war trotz seiner Jugend sehr präsent. Als er sich auch noch einen Porsche gekauft hat, wurde er von Andy Herzog einmal im Training angepfiffen und »Lutscher« getauft, was im österreichischen eine Bezeichnung für »Kleinkind« ist. Damit hatte er den Spitznamen weg, denn wer als Neuling so dicke Backen macht, muss sich nicht wundern. Aber Torsten hat das locker aufgenommen. Solche Hahnenkämpfe zwischen dem jungen Wilden und etablierten Führungspersönlichkeiten gehören beim Fußball nun mal dazu.Andreas Herzog // Offensives MittelfeldAus den vielen richtig guten offensiven Mittelfeldspielern, die wir schon in Bremen hatten, sticht Andy Herzog für mich hervor. Er war eine Führungspersönlichkeit und ein unheimlich eleganter Fußballer, der unsere Fans nicht nur mit seinen Freistoßtoren verzückt hat. Mit seinem Charisma war er ein großer Sympathieträger.Als Andy uns 1995 Richtung München verlassen hat, waren nicht nur unsere Fans traurig, sondern auch wir in der Führungsriege. Wir kamen alle super mit ihm klar. In der folgenden Saison war er mit den Bayern bei uns zu Gast. Als er aus den Katakomben ins Stadion kam, brandete Applaus auf. Andy hat zunächst gar nicht realisiert, dass der Jubel der Fans ihm gegolten hat, schließlich war er doch ausgerechnet zum großen Konkurrenten gewechselt. Doch unsere Fans haben sich unheimlich gefreut, ihn wiederzusehen. Später sagte Andy mir, dass das der Moment war, in dem er sich gefragt hat, wie er möglichst schnell wieder zurück nach Bremen kann. Und tatsächlich ist uns zur neuen Saison die Rückholaktion gelungen.Mario Basler // Offensives MittelfeldMario Basler war das Gegenteil von einem Führungsspieler, sondern ein hochbegabter Hallodri. Doch auch solche Typen braucht man in einer Mannschaft. Mario galt als kein einfacher Spieler und ist bereits in Kaiserslautern und bei Hertha BSC durch seine Launen aufgefallen. Wir haben aber kein Problem darin gesehen, ihn zu verpflichten, sondern haben voll darauf vertraut, dass unser Trainer Otto Rehhagel ihn in die richtige Spur bringt. Mario war nicht einfach zu führen, doch wir hatten vor ihm schließlich schon andere Spieler im Kader, die nicht besonders pflegeleicht waren und trotzdem eine wertvolle Rolle gespielt haben. Dabei denke ich zum Beispiel an Uwe Reinders oder Uli Borowka.Mario war ein Ausnahmespieler und konnte aus unmöglichen Winkeln Tore schießen. Sogar Eckbälle hat er direkt verwandelt. Eine meine liebsten Erinnerungen an ihn stammen aus einem Freundschaftsspiel in der Saisonvorbereitung gegen Eintracht Braunschweig. Bis zur 90. Minute stand es 0:0, als wir an der Strafraumgrenze einen Freistoß zugesprochen bekommen haben. Mario saß mir offenen Schuhen auf der Bank, als Trainer Aad de Mos sich zu ihm drehte und sagte: »Mario, haust du ihn rein oder was?« Die beiden haben dann sogar noch eine Wette abgeschlossen. Bei seiner Einwechslung hat sich Mario am Spielfeldrand noch betont langsam die Schuhe zugebunden. Die Eintracht-Fans pfiffen wie verrückt, doch schließlich ist Mario angelaufen und hat den Ball locker versenkt! (lacht)Rudi Völler // SturmRudi Völler war einer der ersten großen Spieler, die nach meinem Einstieg als Manager von Werder Bremen unter Vertrag nehmen durfte. Der Transfer lief mit ihm und seinem Verein TSV 1860 München reibungslos ab. Rudi war damals gerade mal 20 Jahre alt. Fußballerisch waren wir total von Rudi überzeugt, aber er war so bescheiden, ruhig und zurückhaltend, dass ich mich gefragt habe, was wohl mal aus ihm werden wird. Wenn ich aber heute sehe, was für eine Weltkarriere er hingelegt hat und was für ein Sympathieträger er auf der ganzen Welt ist, bin ich schwer beeindruckt. Im deutschen Fußball steht er für mich auf einer Stufe mit Uwe Seeler und Franz Beckenbauer.In seiner Zeit bei uns war Rudi ein Torgarant. Von 1992 bis 1997 hat er in der Bundesliga im Schnitt fast 20 Tore pro Saison geschossen. Dazu kamen große Nächte im Europapokal. Leider ist es ihm nicht vergönnt gewesen, mit Werder einen Titel zu gewinnen, auch wir ein paar mal ganz dicht dran waren.Besonders hat es mich gefreut, dass Rudi nicht zu den Bayern gewechselt ist. Er sagte mal zu mir, dass die ihm noch so viel bieten könnten, es für ihn aber nicht zur Diskussion stehen würde. Neben der Rivalität zwischen den Vereinen lag das auch an der Geschichte rund um das böse Foul von Klaus Augenthaler, wodurch Rudi schwer verletzt wurde und mehrere Monate ausgefallen ist.Ailton // SturmAilton war meine letzte große Verpflichtung. Der Transfer ging auf eine Empfehlung unseres damaligen Trainers Wolfgang Sidka zurück. Wir wollten ihn schon ein Jahr vorher nach Bremen lotsen, doch stattdessen ist er von Brasilien nach Mexiko gegangen. 1998 ergab sich für uns aber eine neue Chance, sodass ich den Urlaub mit meiner Familie unterbrochen habe und direkt nach Mittelamerika geflogen bin. Nach drei Tagen zähen Verhandlungen ging der Transfer schließlich über die Bühne. Unser gemeinsamer Flug nach Deutschland war etwas kurios, denn »Toni« sprach kein Wort Englisch und ich kein bisschen Portugiesisch. So bestand unsere einzige Konversation auf der langen Reise neben Zeichensprache lediglich aus »Bremen bien«.Im Verein waren wir sehr glücklich, dass uns der Transfer gelungen war. Doch nach dem Trainerwechsel von Sidka zu Magath wollte Felix ihn loswerden. Er kam in mein Büro und meinte: »Der Dicke muss weg, er ist viel zu langsam.« Doch im Präsidium waren wir uns unisono darin einig, dass wir gar nicht daran denken, Toni zu verkaufen. Nachdem wir über ein Jahr an dem Transfer gearbeitet hatten, wollten wir ihn nach ein paar Monaten auf keinen Fall einfach so wieder ziehen lassen, zumal wir von seiner Qualität überzeugt waren. Glücklicherweise haben wir so entscheiden, denn Ailton hatte uns 2004 mit seinen Toren zur Deutschen Meisterschaft und zum DFB-Pokalsieg geschossen. Zu dem Zeitpunkt stand ich zwar nicht mehr in der Verantwortung als Manager, aber es hat mich sehr für ihn und natürlich den ganzen Verein gefreut!Meine ErsatzbankEs gibt noch viele weitere Spieler, die einen Platz in meiner Traumelf verdient hätten. Einige davon sollen zumindest hier kurz Erwähnung finden:Frank Rost // Torwart Jonny Otten // Abwehr Mirko Votava // Mittelfeld Klaus Allofs // Mittelfeld Frank Neubarth // Sturm Wynton Rufer // Sturm Karl-Heinz Riedle // SturmVideo: Willi Lemke über sein Verhältnis zu Uli HoeneßMein Einstieg als Manager bei Werder BremenMein Einstieg als Werder-Manager ist eine lange Geschichte, kam anfangs aber zufällig zustande. Durch meine enge Freundschaft zu Werder-Präsident Dr. Franz Böhmert hatte ich zwar eine große Nähe zum Verein, trotzdem hatte ich es nicht auf dem Zettel, selbst bei Werder einzusteigen. Doch als Werder auf der Suche nach einem Manager war, sprach mich die Frau des Vizepräsidenten Klaus-Dieter Fischer auf einer gemeinsamen Auslandsreise an, ob der Job nicht etwas für mich wäre. Daraus wurden letztlich 17 wunderbare Jahre mit drei Pokalsiegen, zwei Meisterschaften und dem Europapokalsieg der Pokalsieger im Jahr 1992.Die Zusammenarbeit mit Otto RehhagelAls ich meinen Job 1981 angetreten habe, war Otto schon ein halbes Jahr vorher von Franz Böhmert als Trainer verpflichtet worden. Otto und ich kannten uns zum damaligen Zeitpunkt noch nicht persönlich, doch die Zusammenarbeit zwischen uns hat von Anfang an sehr professionell funktioniert. Es passte wie die sprichwörtliche Faust aufs Auge. Zum einen haben wir uns menschlich bestens verstanden, und zum anderen waren die Aufgaben und Kompetenzbereiche klar abgesteckt. Im sportlichen Bereich hatte Otto das alleinige Sagen.In meinen fast zwei Jahrzehnten als Manager habe ich unzählige Spieler verpflichtet. Ein ausgeklügeltes Scouting-System, wie es heute üblich ist, hat es in den 1980ern Jahren jedoch nicht gegeben. Unser Scout war Otto Rehhagel. Er hatte sich die Spieler ausgeguckt und ist dann mit seinen Wünschen an das Präsidium herangetreten. Ich war letztlich nur noch das ausführende Organ. Von daher schreibe ich mir die erfolgreichen Transfers nicht auf meine Fahne, sondern sie sind vielmehr der Verdienst von Otto gewesen.Bemerkenswert war auch, dass Otto mit Karl-Heinz ?Kalli? Kamp nur einen Co-Trainer hatte, der noch gleichzeitig Amateur- und Torwarttrainer war. Das unterstreicht, dass er nicht nur eine außergewöhnliche fußballerische Sachkenntnis hatte, sondern auch unglaublich fleißig und akribisch für die Erfolge von Werder gearbeitet hat. Otto war damals die mit Abstand wichtigste Person im Verein.

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Fabian Boll

04.05.2020 00:00:00

Fabian Boll war über viele Jahre Publikumsliebling und Gesicht des Kiezklubs. Hier stellt er nicht nur seine Traumelf aus St.-Pauli-Legenden vor, sondern hat für jede Position noch einen Ersatzmann parat. Dabei erinnert er sich unter anderem an die große Fresse von Max Kruse, seine Sozialarbeit für Deniz Naki und den inneren Schweinehund von Marius Ebbers. Außerdem blickt der »Boller« auf seine Zeit am Millerntor zurück, lässt die umjubelten Aufstiege Revue passieren und spricht über sein besonderes Verhältnis zu Ex-Trainer Holger Stanislawski.Die Traumelf von Fabian BollTaktische AufstellungFabian Boll über?Patrik Borger // TorwartPatrik ist einfach ein geiler Typ und war ein Torwart, der alles für die Mannschaft gegeben hat, selbst wenn er auf der Bank saß. Von seinen Leistungen reizte »Paddy« das komplette Spektrum aus, was die Noten der Sportjournalisten hergaben: Von 1 Plus mit Sternchen bis zu folgenschweren unglücklichen Aktionen war bei ihm alles drin.Dazu passte auch sein mordsmäßiger Einstand: In unserem legendären Spiel in der ersten Runde des DFB-Pokals gegen München hat Paddy die Bayern mit mehreren Glanzparaden zur Verzweiflung gebracht, bis er sich kurz vor Ende der Verlängerung eine relativ harmlose Flanke von Philipp Lahm ins eigene Tor gelenkt hat und wir dadurch ausgeschieden sind.Video: Highlights vom DFB-Pokalspiel St. Pauli gegen Bayern München 2006Als wir in der Saison 2006/07 in die 2. Liga aufgestiegen sind, war Paddy in der Rückrunde unser großer Rückhalt. Und gut feiern konnte er auch: Auf unserer Saisonabschlussfahrt nach Mallorca hat er die Scherpe »Tagesvollster« mit Würde präsentiert. (lacht)Ersatztorwart: Benedikt PliquettMit »Bene«» habe ich mir bei Auswärtsfahrten lange das Zimmer geteilt, auch wenn wir kaum unterschiedlicher sein könnten. Ich, der rechtschaffene Beamte, und der verrückte Bene, der nach seiner Karriere nun Sexshops und Kneipen auf dem Kiez betreibt. Doch so unterschiedlich die Charaktere in unserer Mannschaft auch waren, wir hatten immer Respekt voreinander und einen gemeinsamen Nenner: die Liebe zum Klub.Florian Lechner // Rechter VerteidigerFlorian ist einer der Typen, mit denen ich aus meinen Jahren bei St. Pauli emotional am meisten verbinde. Er war fußballerisch nicht die feine Klinge, aber hat die absolute Leidenschaft auf den Platz gebracht. Es war einfach mega, wie er in jedem Spiel die rechte Seite hoch und runter marschiert ist. Eine Maschine, die nicht kaputt zu kriegen war. Unvergessen sein Tor im DFB-Pokal gegen Hertha BSC, als er die Pille in der Verlängerung von Krämpfen geplagt aus 25 Metern zum umjubelten 3:3-Ausgleich in die Ecke gewemmst hat.Video: Traumtor von Florian Lechner im Pokal gegen Hertha BSCErsatzmann: Moritz VolzMoritz kam aus England zu uns und hat richtig viel Qualität mitgebracht. Mindestens genauso gut war sein englischer Humor. Als Spieler und mit seiner Art war »Volzi« ein echter Gewinn für unsere Mannschaft. Außerdem wusste er mit seinem Kostüm beim Einstandsabend auf der Reeperbahn zu überzeugen!Bastian Oczipka // Linker VerteidigerBastian ist sicherlich der beste Linksverteidiger, mit dem ich auf St. Pauli zusammengespielt habe! Er war in der Rückrunde 2009/10 ein ganz wichtiger Mosaikstein für unseren Aufstieg in die 1. Bundesliga. Er war damals noch blutjung, doch mit seiner Power und Dynamik auf der linken Seite war er auf Anhieb eine große Verstärkung. Unsere Mannschaft ist zwar direkt wieder abgestiegen, doch Basti ist in der 1. Bundesliga geblieben und später für Frankfurt und Schalke ein ganz wichtiger Spieler geworden.Ersatzmann: Ralph GuneschMit Ralph habe ich viele Jahre zusammengespielt und wir hatten eine super Zeit miteinander. »Felgenralle« ist einfach ein einwandfreier Typ! Er hat zwar nicht gerne linker Verteidiger gespielt, aber in meiner Traumelf muss er sich meiner Aufstellung fügen. Auf dieser Position hat er auch das so ziemlich einzige Tor für uns geschossen, als wir in der 2. Liga mit 3:1 gegen die Truppe aus Hoffenheim gewonnen haben, die ein Jahr später mit fast der identischen Mannschaft Herbstmeister in der Bundesliga geworden ist.Fabio Morena // InnenverteidigerMit keinem anderem habe ich so oft gemeinsam auf dem Platz gestanden wie mit Fabio. Wir haben alle große Momente gemeinsam erlebt, vor allem die beiden Aufstiege und die siegreichen Pokalschlachten! Weil er eine Kapitänsbinde in italienischen Landesfarben trug, haben wir ihn »Capitano« getauft. Er war ein eher ruhiger Kapitän, doch als wir den Aufstieg in die 2. Liga kurz vor Saisonende klarmachen konnten und zur Halbzeit gegen Rot Weiß Erfurt nicht auf Kurs waren, ist er in die Kabine mal so richtig laut geworden. Das kannten wir nicht von ihm, es hat seine Wirkung aber nicht verfehlt. Damit hatte er uns wachgerüttelt und wir haben das Spiel klar gewonnen!Was Fabio gesagt hat, hatte Hand und Fuß. Nur wenn er zusammen mit Marcel Eger die Innenverteidigung gebildet hat, wurde es anstrengend: Die beiden haben sich 90 Minuten auf dem Platz gegenseitig den Fußball erklärt und sich dabei ihre Fehler vorgehalten. In den Spielen habe ich mich dann vermehrt in die Offensive eingeschaltet, um mir deren Gequatsche nicht anhören zu müssen. (lacht)Ersatzmann: Markus ThorandtMarkus war eine absolute Maschine und mit seiner Einstellung ein echtes Vorbild. Seine Ruhe und Abgeklärtheit hatten eine positive Wirkung auf unsere ganze Mannschaft. Außerdem gab es an ihm kaum ein Vorbeikommen ? und wenn doch, dann schafften es nur Ball oder nur Gegner, aber nicht beide!Carlos Zambrano // InnenverteidigerKampfmaschine Carlos kam von Schalke zu uns und war eigentlich zu gut für St.-Pauli-Verhältnisse, wie man an seinen späteren Vereinen Frankfurt, Rubin Kasan und Dynamo Kiew sowie seinen 52 Länderspielen für Peru ablesen kann. Carlos ist keinem Zweikampf aus dem Weg gegangen, wandelte oft am Rande einer Roten Karte und hat dem Zeugwart meist das dreckigste Trikot hinterlassen.Außerhalb des Platzes war er ein ebenso liebenswürdiger wie verrückter Typ. Er hat bei Auswärtsspielen regelmäßig nachts noch drei Club-Sandwiches aufs Zimmer liefern lassen. Zum Training kam er morgens meist auf den allerletzten Drücker und hat sich dann als Frühstück in der Kabine noch schnell eine Mandarine geschält. Mit gesunder Ernährung hatte das alles nicht viel zu tun, aber auf dem Platz hat er abgeliefert, und darauf kam es letztlich an!Ersatzmann: Lasse SobiechLasse war nur ein Jahr bei uns, doch hat uns als Leihspieler von Borussia Dortmund schnell weitergeholfen. Er hatte einen bärenstarken Einstand und wurde dann leider von einer Verletzung gestoppt. Seine Spieleröffnung von hinten heraus war wahnsinnig gut und beim Kopfballspiel hat ihm sowieso niemand etwas vorgemacht.Hauke Brückner // Defensives MittelfeldIn der Saison 2005/06 gerieten wir zum Ende der Hinrunde nach einer herben Niederlage gegen Holstein Kiel in Abstiegsgefahr. Nach dem Spiel haben wir alles auf den Prüfstand gestellt und Hauke und ich haben fortan zusammen auf der Doppelsechs gespielt. Wir wurden zu einem kongenialen Gespann und haben die nächsten zwölf Spiele nicht verloren, darunter die Pokalspiele gegen den VfL Bochum und Hertha BSC. In dieser Zeit wurde Hauke mein Lieblingspartner im defensiven Mittelfeld.Hauke war immer auf Temperatur. Wenn es ums Gewinnen ging, war er das Biest schlechthin, egal ob beim Fußball oder beim Mau Mau! Unnachahmlich waren auch seine Waden, die so muskulös waren, als ob jemand darin Tennisbälle eingenäht hätte. Heute ist er in der Medienabteilung von St. Pauli tätig.Ersatzmann: Matthias LehmannWas Matze in seinem ersten Jahr bei uns abgeliefert hat, war nah an der Perfektion. Damit hatte er maßgeblichen Anteil an unserem Aufstieg in die 1. Bundesliga. Genau so einen Typen hat unser Team damals gebraucht. Er hatte ein unbändiges Selbstvertrauen und war gleichzeitig Abräumer, Stratege und torgefährlich.Nur verlieren konnte Matze partout nicht, dann war er unausstehlich. In der Kabine saß er neben mir. Selbst nach einer Niederlage im Trainingsspiel brauchte ich ihn nicht ansprechen, vor allem wenn ich in der Gewinnermannschaft war. (lacht)Timo Schultz // Defensives MittelfeldTimo wurde eigentlich für die 2. Mannschaft verpflichtet, hat jedoch die Vorbereitung bei der ersten Mannschaft mitgemacht und die Chance genutzt. Er war kein großer Techniker, hat aber immer Vollgas gegeben und damit genau den Spirit verkörpert, den eine Mannschaft braucht, um mehr zu erreichen, wozu sie von der Qualität der einzelnen Spieler eigentlich in der Lage wäre.Selbst als »Schulle« später nur noch wenig Einsatzzeiten hatte, blieb er ein enorm wichtiger Teil der Mannschaft. Als Mutter unserer Kompanie hat er den Laden zusammengehalten und sich um alles gekümmert, was es zu organisieren gab: Mannschaftskasse, Geschenke, Mannschaftsfeiern, Team-T-Shirts und vieles mehr.Ersatzmann: Fabian BollUm meinen alten Kollegen keinen Platz in meiner Traumelf wegzunehmen, setze ich mich freiwillig auf die Bank, auch wenn ich so einen großen Ehrgeiz hatte, dass ich immer spielen wollte.Florian Bruns // RechtsaußenFlorian war für mich der Prototyp eines Außenspielers: schnell, dribbelstark und mit Ruhe am Ball. Außerdem hatte er den Arjen-Robben-Move drauf: Einen Haken schlagen, nach innen ziehen und dann mit seinem überragenden linken Fuß abschließen.Nach unserem Aufstieg in die 1. Bundesliga bestand ein großer Teil unseres Kaders noch aus Spielern, die schon in der 3. Liga dabei waren. Als Flo dann zu uns kam, haben uns seine Qualität, seine positive Art und seine Erfahrung aus seinen Stationen Freiburg, Aachen und Union Berlin auf dem Niveau daher enorm gut getan! Nur seine Frisur hat uns gestört. Wenn »Helmut« nicht alle zwei Wochen zum Frisör gegangen wäre, hätte er auch als einer der Jackson 5 durchgehen können. (lacht)Ersatzmann: Michél Mazingu-DinzeyMichél, der große Schweiger, wurde von unseren Fans in die Jahrhundert-Elf gewählt, wobei wir ihn in Verdacht hatten, dass er bei dem Voting im Internet selbst fleißig für sich abgestimmt hat. (lacht) Aber letztlich lag es wohl tatsächlich daran, dass er uns mit seinen entscheidenden Toren bis ins DFB-Pokal-Halbfinale geschossen hat. Durch die damit erzielten Einnahmen hatte er einen großen Anteil daran, dass der Verein wieder wirtschaftlich auf die Beine gekommen ist.Fin Bartels // LinksaußenFin war ein bescheidener und zurückhaltender Typ mit einem trockenen Humor, doch sobald er nur am Alkohol genippt hat, ist er abgegangen wie Schmidts Katze. Auf den Mannschaftsfeiern haben wir uns daher gefragt, ob er einen Zwillingsbruder geschickt hat.Fußballerisch war Fin eine absolute Granate. Im Training ist er zwar nicht durch besonderen Fleiß aufgefallen, aber im Spiel hat er ein unglaubliches Pensum abgespult. Vor allem sein Zusammenspiel mit Max Kruse war der Wahnsinn. Einmal haben die beiden bei einem Konter im Alleingang die ganze Mannschaft von Eintracht Frankfurt auseinandergenommen. Das Tor habe ich mir sicher schon 100 Mal auf Video angeschaut!Video: Perfektes Zusammenspiel von Fin Bartels mit Max KruseErsatzmann: Deniz NakiDeniz war eigentlich ein ganz lieber Kerl, aber auch reichlich unbedarft. Gefühlt war ich jahrelang sein Sozialarbeiter! Nicht nur einmal hat er mich nachts um 2 Uhr angerufen und aus dem Schlaf gerissen, weil er irgendeine Frage hatte oder mal wieder Hilfe brauchte. Aber das habe ich gerne gemacht, denn ich mochte ihn sehr und wir hatten einen engen Draht zueinander. Er war grundehrlich und hat immer das gesagt, was er auch gedacht hat. Das gibt es im Fußball nur noch selten.Als Fußballer lagen Genie und Wahnsinn bei Deniz dicht beieinander. Er hat rotzfrech gespielt, und konnte an guten Tagen drei Leute auf dem Bierdeckel ausspielen. Gleichzeitig war er aber auch ein Bruder Leichtfuß.Max Kruse // Offensives MittelfeldMax hatte schon mit Anfang 20 genau so eine große Fresse wie heute. (lacht) Es steckte aber auch was dahinter, denn er hat seinen Worten Taten folgen lassen. Er ist sicher einer der besten Spieler, die jemals für St. Pauli gespielt haben! Dabei hatten wir zunächst Zweifel, ob ein Drittligaspieler von Werder II uns überhaupt weiterhelfen kann. Doch Max hat schnell gezeigt, was für eine Qualität er hatte. Vor allem nachdem Trainer André Schubert ihn auf die Zehnerposition gestellt hat, kamen seine Stärken voll zum Tragen.Im Sprint war Max zwar noch langsamer als die Torhüter, aber er hatte eine Pferdelunge und ist im Spiel 90 Minuten unterwegs gewesen, ohne auch nur ansatzweise müde zu werden. Zum Frühstück hat er sich gerne vier Nutella-Brötchen reingehauen und kam nach der Sommerpause mit Rettungsringen zum Trainingsauftakt, aber in den Spielen hat er abgeliefert. Es tat verdammt gut, so einen Typen im Team zu haben, der beim Elfmeter in der 91. Minute total angstfrei und total sich überzeugt an den Punkt gegangen ist, um den Ball trocken ins Tor zu hauen. Ich schätze Max sehr dafür, dass er sich in all den Jahren als Profi nicht verändert und sich in diesem verrückten Fußball-Business seine Lockerheit bewahrt hat.Ersatzmann: Charles Takyi»Sir« Charles war einer der Triebfedern für unsere Rückkehr in die 2. Liga. Er hat in der Aufstiegssaison viele ganz wichtige Tore für uns geschossen und war in unserem Team voller Holzhacker wie Lechner, Schultz und Boll die feine Klinge.Ich weiß noch, wie wir in der Saison 2007/08 in der 3. Liga zur Winterpause abgeschlagen auf Platz 12 lagen. Dann kam es zum Trainerwechsel von Andreas Bergmann zu Holger Stanislawski. In der Winterpause haben wir unter »Stani« das härteste Trainingslager unseres Lebens absolviert. Damals haben Charles und ich uns geschworen, dass wir die Dinge in der Rückrunde auf dem Platz in die Hand nehmen und dafür sorgen, dass St. Pauli wieder in die 2. Liga aufsteigt. So kam es dann auch. Wir haben eine unglaubliche Aufholjagd gestartet und sind sogar noch als Erster aufgestiegen.Marius Ebbers // SturmMarius Qualitäten und mein Willen, das wäre die perfekte Mischung. Wenn man uns gepaart hätte, wären wir jeden Mittwochabend um 20:45 Uhr in den großen Arenen Europas aufgelaufen. Aber ich war fußballerisch limitiert und er konnte sich nicht lange quälen. Vor allem, wenn es bei ihm nicht so lief, hat »Ebbe« seinen inneren Schweinehund nicht überwunden bekommen, sondern sich lieber Pizza und Schokolade reingezogen statt in den Kraftraum zu gehen. So war er auch Mitglied des »Fett-Klubs«. Darin waren alle, die mehr als 12 Prozent Körperfett hatten und daher Extra-Schichten schieben mussten. Doch weil auch unsere anderen treffsicheren Stürmer wie Mahir Saglik, Max Kruse und Rouven Hennings dazu gehörten, lautete deren Gegenargument immer »Fett schießt Tore!«. (lacht)»Ebbe« war ein Vollblutstürmer und hat in unserer Aufstiegssaison 20 Tore geschossen. Daher rührt der Running Gag, dass wir ihm bei jeder Gelegenheit »Danke Marius« sagen, weil wir Unwürdigen nur dank seiner Tore das Privileg genießen durften, ein Jahr lang in der 1. Bundesliga zu spielen. Das wäre lustig und charmant, wenn es von uns gekommen wäre, doch nein: »Ebbe« hat das von sich aus eingefordert! (lacht). Nach meinem Karriereende haben wir Kontakt gehalten und drei Jahre später eine Weile das Trainergespann von Victoria Hamburg gebildet.Ersatzmann: Rouven HenningsAuch Rouven ist ein großartiger Typ. Er und Marius haben sich in der Aufstiegssaison den Stürmerjob geteilt. Als Joker hat er in der Saison über zehn Tore gemacht und war damit ein ganz wichtiger Teil unserer Mannschaft. Seine größte Stärke war sein übertriebener linker Schuss, mit dem er einem das Licht ausknipsen konnte. Er hatte Oberschenkel wie Hydranten! Man könnte meinen, dass seine Beine als Kind in den Zaubertrank von Mirakulix getaucht wurden.Karriere-Insights von Fabian BollVideo: Die schönsten Tore von Fabian BollMein bester TrainerIch hatte viele richtig gute Trainer. Sei es Andreas Bergmann, der mich von den Amateuren zu den Profis befördert hat, Michael Frontzeck, der eine überragende Mannschaftsführung hatte oder André Schubert, der mich fußballerisch auf ein neues Niveau gebracht hat. Aber Holger Stanislawski steht für mich über allem.Stani hat den Verein gelebt wie kein Zweiter und war schon mein Idol, als ich ihn am Millerntor als Fan in der Kurve angefeuert habe. Seine Leidenschaft war ansteckend. Ich habe jedes Wort von ihm aufgesogen. Er war eine Respektsperson und konnte richtig sauer werden, hat einen aber auch mal in dem Arm genommen, wenn man Zuspruch brauchte.Seine große Stärke war es, sich bei aller Professionalität die Lockerheit zu bewahren und uns zu vermitteln. Stani wusste genau, wie er uns anpacken musste. Ein Paradebeispiel was das vorentscheidende Spiel gegen Greuther Führt vor unserem Aufstieg in die 1. Liga. Vor dem Spiel dröhnte in der Mittagspause auf einmal »Looking for Freedom« durchs Hotel. Alle steckten ihren Kopf aus dem Zimmer, um zu sehen, welcher Vollidiot den Song so laut aufgedreht hatte. Marius Ebbers war der Übeltäter und rief übern Flur, dass das der Song ist, mit dem wir nach dem Spiel unseren Aufstieg feiern würden!Als wir in der Halbzeit des Spiels zurücklagen, hielt Stani die kürzeste Ansprache aller Zeiten. Statt große Worte zu schwingen, sagte er nur: »Ebbe, mach? das Lied an!« Wir hörten den Song, sind zurück auf den Platz und haben noch vier Tore geschossen. Die Rückfahrt im Bus war legendär!Meine Aufstiege mit dem FC St. PauliDer Aufstieg in die 2. Liga hatte für mich einen höheren Stellenwert als der in die 1. Liga. Zum einen war es der emotionalere Aufstieg, nachdem wir in der Rückrunde eine grandiose Aufholjagd hingelegt hatten. Ich bekomme jetzt noch eine Gänsehaut, wenn ich daran denke, wie am Saisonende nach unserem Sieg im Weserstadion gegen Werder II 10.000 Pauli-Fans »Spitzenreiter, Spitzenreiter« riefen. Zum anderen war es für den Verein der wichtigere Aufstieg, weil er dadurch in Kombination mit den Einnahmen aus dem Einzug ins DFB-Pokal-Halbfinale aus einer bedrohlichen finanziellen Schieflage gerettet wurde. Die Erinnerung daran, wie wir mit 80.000 Fans auf der Reeperbahn gefeiert haben, werde ich immer in mir tragen.Im Vergleich dazu war der Aufstieg zwei Jahre später in die erste Liga eher ein Bonus, einfach zum Genießen. Der Aufstieg kam nicht überraschend, weil wir die ganze Saison oben mitgespielt haben. Nach allem, was unsere Fans seit der Retter-Kampagne mit dem Verein durchgemacht haben, hat mich unsere Rückkehr in die 1. Liga vor allem für sie gefreut! Mit »Back from Hell« auf unseren T-Shirts und Zigarren im Mund standen wir auf dem Balkon und haben mit zigtausend Fans gefeiert.Meine VereinstreueEs hätte schon einiges passieren müssen, dass ich St. Pauli für einen anderen Verein verlassen hätte, auch wenn die Vereine nicht gerade bei mir Schlage standen. Meine Verträge habe ich in den ersten Jahren noch ohne Berater per Handschlag mit Stani besiegelt.In Hamburg hatte ich einfach alles: meine Familie, meine Freunde, meinen Job, meinen Herzensverein und die Fans am Millerntor. Ich wäre nie auf die Idee gekommen, nur wegen ein bisschen mehr Geld woanders hinzugehen. Abgesehen davon hätte ich woanders womöglich nicht so gut funktioniert, denn die starke Gemeinschaft auf St. Pauli kam mir absolut entgegen. Es gibt genug Beispiele von Spielern, die unser Kollektiv verlassen haben und dann nicht mehr so erfolgreich waren.Mein AbschiedsspielBei jedem Namen aus meiner Traumelf schießen mir viele Bilder in den Kopf. Es weckt auch Erinnerungen an mein Abschiedsspiel mit meinen alten »Höllenhunden«. Für mich war es nach zwölf Jahren beim FC St. Pauli ein fantastischer Abschluss. Morgens sind wir mit einem Brunch gestartet und haben den ganzen Tag miteinander verbracht. Viele von uns treffen sich seitdem für ein Wochenende im Jahr bei meinem Kumpel »Fischi« im Keller und lassen die alten Tage noch einmal hochleben.Video: Impressionen von Fabian Bolls AbschiedsspielMein Halbtagsjob als PolizistIch bin erst spät Profi geworden und hatte vorher bereits eine Laufbahn als Kriminalbeamter eingeschlagen. Als Profi hat man relativ viel freie Zeit, sodass ich meinen Halbtagsjob bei der Polizei mit dem Fußball dank eines guten Zeitmanagements und verständnisvollen Kollegen auf der Dienststelle unter einen Hut bekommen habe.Zum einen bestand für mich durch den Job bei der Polizei nie die Gefahr, abzuheben, denn dort bekommt man tagtäglich vor Augen geführt, dass es deutlich wichtigere Sachen als Fußball gibt. Zum anderen hat mir der Job vor allem gegen Ende meiner Karriere die Sicherheit gegeben und Druck genommen. Ich konnte immer befreit aufspielen, weil ich ein Netz mit doppeltem Boden hatte.Auch jetzt als Trainer ist es so: Wenn meine Zeit im Fußballgeschäft morgen vorbei sein sollte, blicke ich auf eine wundervolle Karriere zurück, gehe wieder in den Staatsdienst, bin abgesichert und habe mehr Zeit für meine Familie. Das ist Gold wert und ich weiß, dass mich viele darum beneiden.Werdegang von Fabian Boll JahreVereinSpiele (Tore) 1998 ? 2000Itzerhoer SC54 (13) 2000 ? 2001TSV Lägerdorf32 (13) 2001 ? 20021. SC Norderstedt32 (15) 2002 ? 2003FC St. Pauli Amateure34 (14) 2003 ? 2014FC St. Pauli273 (30)

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Marco Grimm

15.04.2020 00:00:00

Ex-Profi Marco Grimm blickt auf seine Karriere und stellt dabei seine Traumelf aus früheren Mitspielern vor, in der ein Weltmeister in der Abwehr steht und das ?Magische Dreieck? in der Offensive wirbelt. Außerdem spricht er über seinen besten Trainer und erinnert sich daran, wie sein erstes Spiel für den FC Bayern in die Geschichte der Bundesliga einging und wie Hape Kerkeling für den kuriosesten Tag seiner Karriere sorgte.Die Traumelf von Marco GrimmTaktische AufstellungMarco Grimm über?Franz Wohlfahrt // Torwart // VfB StuttgartFranz kam 1996 als österreichischer Nationaltorwart zu uns. Mit seinen Reflexen und seinem furchtlosen Torwartspiel war er für den VfB sofort eine große Verstärkung. Auch als Typ hat er wunderbar in unsere Mannschaft gepasst. Franz war eine Frohnatur und hatte immer einen Witz auf Lager. Er hatte außerdem schauspielerisches Talent: Wenn er nicht als Fußballprofi erkannt werden wollte, hat er behauptet, dass er Pilot sei und ist dann in diese Rolle geschlüpft.Hansi Pflügler // Innenverteidiger // FC Bayern MünchenZum Ende seiner großen Karriere hat Hansi noch ein paar Jahre bei den Bayern-Amateuren gespielt und war auf dem Platz der verlängerte Arm von Trainer Hermann Gerland. Für uns jungen Spieler war Hansi sowohl ein Lehrmeister als auch eine Vaterfigur. Seine Erfahrung aus über zehn Jahren Bundesliga war förmlich greifbar. Sein Zweikampfverhalten war sensationell und sein Timing im Kopfball herausragend. Es war beeindruckend, dass Hansi als Weltmeister bei jedem Lauftraining vorneweg marschiert ist und auch im Alter von 35 Jahren noch jedes Spiel gewinnen wollte ? selbst wenn es ?nur? die 3. Liga war.Nebenbei war Hansi Leiter des FCB-Fanshops. Wenn wir vormittags mal kein Training hatten, haben wir Spieler aus der 2. Mannschaft ihm geholfen, Kisten zu packen und zu schleppen. Auch Gerland war dabei und hat uns selbst da Beine gemacht und brüllte: »Jungs, schneller, schlaft nicht ein!«Sammy Kuffour // Linker Verteidiger // FC Bayern MünchenDie Abwehrformation in der 2. Mannschaft hieß damals Kuffour-Pflügler-Grimm. Ich habe viel von den beiden lernen können. Sammys Zweikampfverhalten und seine Aggressivität waren außergewöhnlich. Er war nicht nur knallhart am Mann, sondern auch dynamisch und schnell. Es war nur eine Frage der Zeit, dass er es in die 1. Mannschaft schaffen würde.Sammy konnte auch ein Heißsporn sein, hatte aber eine angenehmer Art. Als er als ganz junger Kerl aus Italien zu uns kam, war er ohne Eltern in Deutschland und konnte die Sprache nicht, doch die gesamte Bayern-Familie hat ihn aufgenommen. Hermann Gerland hat ihn des Öftern zum Abendessen mit nach Hause genommen und auch Lothar Matthäus hat sich viel um ihn gekümmert.Thomas Schneider // Rechter Verteidiger // VfB StuttgartAls ich zum VfB kam, war Thomas eigentlich ein Konkurrent von mir, denn er spielte auf der gleichen Position. Ich stand ihm anfangs skeptisch gegenüber, doch es hat nicht lange gedauert, bis wir uns angefreundet haben. Wir waren damals beide Junggesellen, haben viel unternommen und sind später sogar zusammen in den Urlaub gefahren. Noch heute telefonieren wir regelmäßig.Thomas war ein Riesentalent, war damals auf dem Sprung zur Nationalmannschaft und hatte sogar ein Angebot vom FC Bayern, doch sein großes Verletzungspech stand einer größeren Karriere im Weg. Wenn er fit war, hat er teilweise sensationelle Leistungen abgeliefert. Er bestach nicht nur durch seine Sprungkraft, seine Schnelligkeit und sein Stellungsspiel, sondern besaß für einen Abwehrspieler eine herausragende spielerische Klasse.Zvonimir Soldo // Zentrales Mittelfeld // VfB StuttgartZvonomir war im Mittelfeld eine Maschine, eine Kämpfernatur vor dem Herrn. Sobald der Schiedsrichter das Spiel angepfiffen hat, war er im Kampfmodus. Aufgrund seiner Lauf- und Zweikampfstärke gab es für die Gegner an ihm kein Vorbeikommen.Auf dem Platz kannte Zvonimir keine Freunde. Allein mit seiner großen und kräftigen Statur und seinem bösen Blick konnte er seine Gegner einschüchtern. Doch vom Naturell war er ein lieber und herzlicher Typ, völlig frei von Starallüren. Einfach ein angenehmer Zeitgenosse.Holger Seitz // Zentrales Mittelfeld // Karlsruher SCHolger hat alles mitgebracht, was einen Mittelfeldspieler auszeichnet. Er war ein Stratege, hat Ordnung ins Spiel gebracht und war immer unterwegs. Auch in schwierigen Situationen ist er positiv geblieben und hat sich von Rückständen nicht umwerfen lassen. Für unsere Mannschaft war er als Spieler und als Typ ungemein wertvoll, außerdem war er ein Pfundskerl, der für Stimmung gesorgt hat.Nach seiner Karriere wurde er Trainer und arbeitet heute in der Jugendabteilung vom FC Bayern. Ich bin mir sicher, dass er mit seiner positiven und direkten Art einen guten Draht zu den Nachwuchsspielern hat.Andreas Buck // Linkes Mittelfeld // VfB StuttgartAndreas war schneller als der Ball! Gegen ihn in ein Laufduell zu gehen war vergebene Mühe. Mit seiner Schnelligkeit war er in der Offensive eine Waffe, wenn er mit dem Ball zur Grundlinie gelaufen und dann gute Flanken geschlagen hat. Manche Spieler sind schnell, verfügen aber nicht über fußballerische Klasse. Andreas hatte beides und war sogar beidfüßig. Es ist also kein Zufall, dass er 1992 zuerst mit dem VfB Stuttgart und 1998 noch mit dem 1. FC Kaiserslautern Deutscher Meister geworden ist.Daniel Graf // Rechtes Mittelfeld // Eintracht BraunschweigIn Braunschweig war Daniel Teil der Südwest-Connection, zu der neben mir auch noch Torsten Lieberknecht gehörte. Daniel war ein genialer Spielertyp und konnte in der Offensive jede Position bekleiden. Er war präsent, schnell, torgefährlich. Auf dem Platz war er überall zu finden und immer anspielbereit. In der Mannschaft war er sehr beliebt, weil er ein durch und durch positiver Typ war und für jeden ein offenes Ohr hatte. Leider hatte er oft Verletzungspech.Krassimir Balakow // Offensives Mittelfeld // VfB StuttgartEs war ein Genuss, Krassimir Balakov beim Fußballspielen zuzugucken. Er hatte eine unglaubliche Technik und konnte alles am Ball. Vor allem sein linker Fuß war genial. Wenn er vor dem Sechzehner zum Freistoß antrat, war das wie ein Elfmeter, denn er konnte die Bälle mit einer Leichtigkeit über die Mauer in den Winkel setzen.Für uns Defensivspieler bestand die Aufgabe darin, dem Gegner den Ball abzujagen und ihn dann möglichst schnell zu Balakow zu spielen. Mit seiner genialen Technik und seinem Spielverständnis hatte er immer eine Idee, was er damit machen kann. Seine Qualität kam nicht von ungefähr. Balakow war ein absoluter Vollprofi, der dem Fußball alles andere untergeordnet hat. Er hat oft freiwillige Schichten absolviert und so gut wie keinen Alkohol getrunken.Giovane Elber // Sturm // VfB StuttgartGiovane Elber war kaum zu verteidigen. Bei ihm ging alles blitzschnell. Mit seiner Antizipation, seinem Timing und seiner Körperbeherrschung war er zu außergewöhnlichen Dingen fähig. Dabei hatte er von Toren per Pike bis zum Fallrückzieher alles im Repertoire.So unberechenbar wie auf dem Platz war Giovane auch sonst. Er hatte einen Schalk im Nacken und war ein großer Spaßvogel, der jederzeit zu Scherzen aufgelegt war. Ich weiß noch, wie er sich den Rasenmähertrecker vom Platzwart geschnappt hat und darauf mit einem breiten Grinsen zum Trainingsplatz gefahren ist.Fredi Bobic // Sturm // VfB StuttgartGemeinsam mit Franz Wohlfahrt und Gerhard Poschner war Fredi einer der Führungsspieler und hat in unserer Truppe den Ton angegeben. Für unseren Trainer war es wunderbar, solche Typen in der Mannschaft zu haben, die klar ihre Meinung vertreten und trotzdem das Wohl der Mannschaft im Blick haben.Die Spielweise von Fredi wirkte etwas hölzern, doch er war genauso unberechenbar wie Elber. Im Strafraum war er enorm effektiv. Die Direktabnahmen waren seine Spezialität, egal ob mit links, rechts oder mit dem Kopf. Er hatte einen richtigen Torhunger und eine Top-Einstellung. Mit seinem Biss war Fredi die perfekte Ergänzung zu der Leichtigkeit von Giovane.Das magische Dreieck aus Elber, Bobic und Balakow war das beste, was die Bundesliga zu der Zeit in der Offensive zu bieten hatte. Die drei haben sich gesucht und gefunden!Karriere-Insights von Marco GrimmMeine besten TrainerOhne Hermann Gerland wäre ich in meiner Karriere vermutlich nicht so weit gekommen. Er hatte nicht nur richtig Ahnung vom Fußball, sondern hat mir auch gezeigt, worauf es ankommt, wenn man in dem Business bestehen will. Vor allem hat er mir den nötigen Willen und den Biss vermittelt. Als ich 1993 zum ersten Training der Bayern-Amateure kam, waren seine ersten Worte an mich: »Kannst du auch laufen? Wenn nicht, kannst du gleich wieder nach Hause gehen!« ?Na das kann ja ein Spaß werden?, dachte ich mir damals. Doch mit seiner schroffen Art hatte er ein Talent dafür, aus seinen Spielern die maximale Leistungsbereitschaft herauszukitzeln. Er hat keine Ausreden gelten lassen. Wenn wir gefoult wurde, sollten wir nicht liegen bleiben und lamentieren, sondern wieder aufstehen und uns wehren. Wir durften Fehler machten, aber er hat verlangt, dass wir daraus lernen. Doch nicht jeder Spieler war bereit, seine Lehren anzunehmen ? und die sind auf der Strecke geblieben.Ein ganz anderer Typ aber genauso beeindruckend war Giovanni Trapattoni. Ich habe zu der Zeit regelmäßig bei der ersten Mannschaft mittrainiert. Der Maestro war damals schon weit über 50 und hat alle Übungen noch selbst mitgemacht. Er war sich zu nichts zu schade und stand nach dem regulären Training oft noch eine Stunde mit uns Nachwuchsspielern auf dem Platz, um uns elementare technische und taktische Dinge wie Laufwege, Positionsverhalten, Ballannahme, Flanken und Einwürfe zu vermitteln. Der Fokus auf Details mag heute gang und gäbe sein, doch damals was es revolutionär. Auch erfahrene Spieler Lothar Matthäus und Thomas Helmer haben noch viel von ihm lernen können. Ich denke, dass er in München erfolgreicher hätte sein können, wenn er die deutsche Sprache noch besser beherrscht hätte.Mein Weg zum FußballprofiIch habe immer gerne Fußball gespielt, hatte aber keine konkreten Ambitionen, Profi zu werden. Beim FC Kuppenheim habe ich in der A-Jugend-Bundesliga als Stürmer um die Torjägerkanone gekämpft, aber im Seniorenbereich konnte ich mich in der Verbandsliga zunächst nicht durchsetzen. Erst als der Trainer mich zum Abwehrspieler umfunktioniert hat, wurde ich zum Stammspieler und wechselte nach der Saison in die Oberliga zum VfB Gaggenau.Ein halbes Jahr später war mein Trainer in der Winterpause auf Gran Canaria, wo der FC Bayern im Trainingslager war. Als Bayern-Fan hat er dort bei den Trainingseinheiten zugeschaut und kam abends an der Hotelbar mit Klaus Augenthaler ins Gespräch, der damals Co-Trainer von Erich Ribbeck war. Als sie auf talentierte junge Spieler aus der Region zu sprechen kamen, sagte mein Trainer ihm, dass er sich mal einen gewissen Marco Grimm anschauen soll. Nur ein paar Wochen später wurde ich dann tatsächlich von Augenthaler zu einem dreitägigen Probetraining eingeladen.Um auf keinen Fall zu spät zu kommen, war ich schon zwei Stunden vor Trainingsbeginn an der Säbener Straße. Es war noch niemand dar, bis mir auf einmal der große Gerd Müller die Tür aufgemacht und mich gegrüßt hat. Diesen Augenblick werde ich nie vergessen!Das Training fand in einer Länderspielpause statt, trotzdem stand ich auf einmal mit Bayern-Legenden wie Lothar Matthäus, Mehmet Scholl, Rolands Grahammer und Raimond Aumann auf dem Platz. Mir ist an den drei Tagen so gut wie alles gelungen, sodass ich schließlich ein Angebot als Vertragsamateur bekommen habe.Mein KarriererückblickAls Junge vom Dorf kam ich 1993 dann mit 20 Jahren auf einmal in die Weltstadt München. In der 2. Mannschaft traf ich auf Trainer Hermann Gerland, der mich bis dahin noch nicht kannte. Das Training unter ihm war hart, doch wer seine harte Schule annahm, konnte es im Fußball weit bringen. In meinen zwei Jahren bei den Bayern haben es auch dank Gerland unter anderem Uwe Gospodarek, Didi Hamann, Sammy Kuffour, Max Eberl, Dieter Frey und Alexander Zickler von den Amateuren in die 1. Mannschaft geschafft.Mein erstes Bundesligaspiel für den FC Bayern ging auch wegen mir in die Geschichte ein. Aufgrund vieler Verletzungen in der Profi-Mannschaft standen bei unserem Heimspiel im April 1995 gegen Eintracht Frankfurt zum Anpfiff bereits die Vertragsamateure Sven Scheuer und Sammy Kuffour in der Startelf. Mitte der 1. Halbzeit kam ich für Thomas Helmer ins Spiel, nachdem er sich eine Verletzung am Oberschenkel zugezogen hatte. Weil ich so plötzlich ins Spiel kam, hatte ich keine Zeit nervös zu werden. Das Spiel lief super, doch beim Stand von 3:2 kam mit Didi Hamann für Marcel Witeczek der vierte Vertragsamateur ins Spiel. Das Problem war: Damals durften in der 1. Mannschaft nur drei Vertragsamateure gleichzeitig auf dem Platz stehen. Weder Trainer Trapattoni noch sein Assistent Klaus Augenthaler oder Manager Uli Hoeneß hatten das auf dem Schirm. Unser Pressesprecher versuchte von der Tribüne aus, den Wechsel noch in letzter Sekunde aufzuhalten, doch seine Warnung kam etwas zu spät. Nach dem Abpfiff wurden wir vom Verein direkt in die Kabine geleitet und durften keine Interviews geben. Sportlich war ich mit dem Spiel voll zufrieden, aber am grünen Tisch wurde unser 5:2-Sieg mit 0:2 gegen uns gewertet. Es blieb zum Glück nicht mein einziger Einsatz für die 1. Mannschaft. Wenige Wochen später wurde ich im Halbfinale des Europapokals der Landesmeister gegen Ajax Amsterdam beim Stand von 0:0 kurz vor Schluss eingewechselt.Zur Saison 1995/96 hatte ich Angebote vom Karlsruher SC und dem VfB Stuttgart. Bei beiden Vereinen hatte ich Aussicht auf einen Stammplatz. Die Gespräche mit KSC-Trainer Winnie Schäfer waren gut, aber letztlich haben VfB-Trainer Jürgen Röber und Manager Dieter Hoeneß mich vom Wechsel nach Stuttgart überzeugt. Leider waren die beiden nicht mehr in Lohn und Brot, als die neue Saison begann, sodass ich mich beim neuen Trainer Rolf Fringer zunächst hinten anstellen musste, bis ich richtig zum Zug kam. Nach Fringer kam Jogi Löw als Trainer und mit ihm sind wir DFB-Pokalsieger geworden. Wegen eines Bandscheibenvorfalls fiel ich in der Rückrunde allerdings monatelange aus und habe daher auch im Finale nur zuschauen können.Um wieder den sportlichen Anschluss zu schaffen und mich für Bundesligavereine zu empfehlen, bin ich 1998 zum Grazer AK gewechselt, wo Klaus Augenthaler mittlerweile Cheftrainer war. Es war eine erfolgreiche Zeit, wir haben im UEFA-Cup gespielt und haben in der Liga oben mitgespielt.In Österreich habe ich auch den kuriosesten Tag meiner Karriere erlebt. Nur einen Tag vor dem großen Derby im ÖFB-Pokal gegen Sturm Graz verkündete Augenthaler auf einer Pressekonferenz seinen plötzlichen Abgang nach Frankreich. Dabei wurde auch der neue Trainer vorgestellt: ein gewisser Albertas Klimavyszysch. Was niemand wusste: Es handelte sich um Hape Kerkeling und die ganze Aktion war eine Nummer für die TV-Show ?Darüber lacht die Welt?. Der Verein erhoffte sich so Publicity für seinen Sponsor Liebherr. Wir Spieler waren von dem angeblichen Trainerwechsel zunächst völlig überrummpelt und später völlig entsetzt. Bei der ersten Trainingseinheit im Anschluss an die PK gab der Trainer dermaßen blödsinnige Anweisungen, dass wir nach 10 Minuten gestreikt haben und stinksauer in die Kabine gestampft sind. Dort hatte schon der Präsident auf uns gewartet und den Scherz mit einem breiten Grinsen im Gesicht aufgeklärt. Wir lagen alle am Boden vor Lachen! Das wichtige Pokalspiel gegen Sturm Graz am nächsten Tag haben wir übrigens gewonnen.Nach einem Jahr in Österreich bin ich zurück nach Deutschland gewechselt. Hier spielte erneut der Zufall eine Rolle: Als ich während der Saison während eines Besuchs in München beim Joggen zufällig auf Gerd Müller und KSC-Trainer Rainer Ulrich traf, kamen wir ins Gespräch. Daraus hat sich letztlich der Wechsel nach Karlsruhe entwickelt. Ich hatte fest mit der Rückkehr in die 1. Bundesliga geplant, doch der KSC stieg am Ende der Saison ab, sodass ich mein Comeback in Deutschland in der 2. Liga gegeben habe. Sportlich lief es für unsere Mannschaft alles andere als gut, sodass wir dort in meinem zweiten Jahr sogar in die 3. Liga runter mussten. Wir hatten in der Abstiegssaison mit Rainer Ulrich, Guido Buchwald, Jogi Löw und Marco Pezzaiuoli vier renommierte Leute an der Seitenlinie, aber keinem Trainer ist es gelungen, das Ruder herumzureißen. Ich habe daraufhin mit dem Abschied geliebäugelt, aber der neue Trainer Stefan Kuntz hat mich zum Bleiben überredet. Er hat mich zum Kapitän ernannt und wir sind unter ihm souverän wieder in die 2. Liga aufgestiegen.Als mein Vertrag 2003 nicht verlängert wurde, bekam ich ein Angebot von Eintracht Braunschweig. Durch die Duelle gegen die Löwen kannte ich das Stadion und die tollen Fans, sodass ich nicht lange überlegen musste. Anfangs hatten wir eine richtig gute Truppe mit Leuten wie Jürgen Rische, Daniel Graf, Martin Amedick und Trainer Michael Krüger, von dem ich sehr viel halte! Unter ihm sind wir in die 2. Liga aufgestiegen. Es gab in Braunschweig auch schwierige Phasen, doch unterm Strich waren es vier schöne Jahre. Ich fühlte mich in der Stadt so wohl, sodass ich nach meiner Karriere hier geblieben bin und heute regelmäßig als Fan ins Eintracht-Stadion gehe.Zum Ende meiner Karriere bin ich noch zum 1. FC Kaiserslautern in die U23 gewechselt, wo ich für zwei Saisons als Leader und Ansprechpartner für die jungen Spieler vorgesehen war. Trainer Alois Schwartz hat mich jedoch bereits nach einem Jahr als Assistent in seinen Trainerstab aufgenommen, sodass ich meine Fußballschuhe 2008 endgültig an den Nagel gehängt habe.Insgesamt blicke ich auf eine schöne und ereignisreiche Zeit als Fußballprofi zurück. Ich habe viele tolle Menschen kennengelernt, mit großen Spielern und Trainer zusammengearbeitet, bei Traditionsvereinen gespielt und große Erfolge gefeiert, vor allem den Pokalsieg mit Stuttgart und die Aufstiege mit Karlsruhe und Braunschweig. All das hätte ich mir nicht erträumen können, als ich mit 18 Jahren noch in der Verbandsliga gespielt habe.Meine zweite KarriereBeim 1. FC Kaiserslautern habe ich Konrad Funfstück, den damaligen Leiter des Nachwuchsleistungszentrums kennengelernt. Als er 2017 als Trainer zum Zweitligist FC Wil in die Schweiz gegangen ist, hat er mich als Co-Trainer mitgenommen. Dort haben wir innerhalb von zwei Jahren mit bescheidenen Mitteln eine Mannschaft aufgebaut und sie vom Tabellenkeller auf den 3. Platz geführt.2019 war ich wieder für den als Scout KSC tätig und habe Gegneranalyse und Spielerbeobachtung betrieben. Zur Saison 20/21 habe ich das Co-Traineramt bei der zweiten Mannschaft von Werder Bremen übernommen.Der Werdegang von Marco Grimm JahreVereinSpiele (Tore) 1992?1993VfB Gaggenau33 (2) 1993-1995FC Bayern München Amateure23 (0) 1995FC Bayern München1 (0) 1995?1998VfB Stuttgart32 (0) 1998-1999Grazer AK26 (2) 1999?2003Karlsruher SC76 (2) 2003-2007Eintracht Braunschweig117 (2) 2007-20081. FC Kaiserslautern II26 (0)

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